Berlin – Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zieht ein Jahr nach dem Scheitern einer Transfergesellschaft für die Beschäftigten der insolventen Drogeriekette Schlecker ein eher bitteres Fazit. Von den rund 23.500 Frauen und Männern, die durch die Insolvenz ihre Existenzgrundlage verloren haben, sind nach der aktuellen Erhebung der Bundesagentur für Arbeit vom März 2013 bisher mit nur 10.707 Menschen nicht nur deutlich weniger als die Hälfte wieder in Arbeit. Tatsächlich ist die Lage noch bedrückender.
"Die Auswertung verschleiert, dass bereits eine siebentägige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausreicht, um von der Statistik nicht mehr erfasst zu werden – selbst wenn die Menschen nach einer Woche die Arbeit wieder verloren haben", kritisiert ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Wie viele der ehemaligen Schlecker-Frauen tatsächlich noch in Arbeit sind und in welche Art der Beschäftigung sie vermittelt wurden, dazu gebe es keine transparenten Zahlen.
"Die Behauptung von Bundeswirtschaftsminister Rösler, der Arbeitsmarkt sei aufnahmefähig, erweist sich als blanker Hohn. Rösler hat maßgeblich die Einrichtung einer Transfergesellschaft blockiert, um sich auf Kosten der Schlecker-Frauen politisch zu profilieren", so Nutzenberger. Dabei habe er Transfergesellschaften als sinnvolles arbeitsmarktpolitisches Instrument diskreditiert und obendrein seine Missachtung von Frauenarbeitsplätzen zum Ausdruck gebracht.
Ebenso respektlos erweise sich die Familie Schlecker. "Angesichts der Tatsache, dass sich Anton Schlecker mit 10 Millionen Euro freikauft, während sich die Lage vieler seiner ehemaligen Beschäftigten als perspektivlos darstellt, ist die große Wut so mancher Schlecker-Frau absolut nachvollziehbar", unterstreicht Nutzenberger.
Bei vielen der deutlich mehr als 10.000 ehemaligen Schlecker-Beschäftigten, die in der ersten Kündigungswelle Ende März letzten Jahres ihre Arbeit verloren und noch keine neue Beschäftigung gefunden haben, läuft jetzt der Anspruch auf Arbeitslosengeld aus.
"Das heißt, dass tausende Frauen ab April von Hartz IV werden leben müssen – eine absolut bittere Bilanz, die mich persönlich umso wütender macht, wenn ich an Meike Schleckers Aussage vor einem Jahr denke: ‚Es ist nichts mehr da‘. Für sie und die Familie Schlecker mögen 10 Millionen Euro, die jetzt vom Privatvermögen in die Insolvenzmasse fließen, nichts sein. Das ist absolut zynisch, wenn man bedenkt, dass vielen der ehemaligen Schlecker-Frauen das Geld fehlt, um ihren Kindern ein schönes Ostergeschenk zu machen", so die bittere Einschätzung von Christel Hoffmann, der Schlecker-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden.