Schwerin – Im Beisein des Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering, der Architekten Schneekloth & Partner sowie geladener Gäste aus Politik und Wirtschaft wurden heute am Stammsitz der WEMAG in Schwerin die Räumlichkeiten für eine eigene Netzleitstelle übernommen. Zudem wurde die Bilanz des 5-Megawatt-Batteriespeichers ein Jahr nach dessen Inbetriebnahme vorgestellt.
Europas erstes kommerzielles Batteriekraftwerk
Europas erster kommerzieller Batteriespeicher ging Mitte September 2014 im Beisein des Vizekanzlers und Wirtschafts- und Energieministers Sigmar Gabriel ans Netz. Die vom Berliner Netz- und Speicherspezialisten Younicos konzipierte vollautomatische Anlage gleicht kurzfristige Schwankungen in der Netzfrequenz des Stromnetzes aus und sorgt so dafür, dass Wind- und Sonnenstrom sicher in das Stromnetz integriert werden können.
Bilanz des WEMAG-Batteriekraftwerks nach einjährigem Betrieb
Das Besondere am Schweriner Großspeicher: Er ist der erste wirtschaftlich operierende Batteriespeicher in dieser Größenordnung. Gerade im Bereich der Regelleistung zur Stabilisierung der Netzfrequenz erweisen Batterien ihre Stärke. Nach einer Anschubfinanzierung durch das Innovationsprogramm des Bundesumweltministeriums in Höhe von 1,3 Mio. Euro bewährte sich der leistungsstarke Speicher von Beginn an. Seit der ersten Beteiligung am Primärregelleistungsmarkt am 22. September 2014 erwirtschaftet der Großspeicher Erlöse. Seither hat sich die WEMAG mit der Batterie 47 Mal an der Primärregelleistungsausschreibung beteiligt. „Der Speicher erhielt bei jeder Teilnahme den Zuschlag durch den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber und konnte die Anforderungen störungsfrei erbringen“, führt Thomas Pätzold, Technischer Vorstand der WEMAG, aus.
Der durchschnittliche Leistungspreis, der für die 47 Vermarktungseinheiten erzielt wurde, liegt bei 3.810 € pro Megawatt. „Dank stabiler Preise am Primärregelleistungsmarkt und eines optimierten Gebotsverfahrens durch unseren Energiehandel erwirtschaftet der Batteriespeicher ein Jahr nach Inbetriebnahme Umsätze, die weit über den Erwartungen im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung liegen“, so Pätzold weiter. Und das, obwohl ein Megawatt Leistung noch nicht durch die vier Übertragungsnetzbetreiber präqualifiziert wurde. Wir haben alle erforderlichen technischen Voraussetzungen erfüllt und sind zuversichtlich, bald auch die vollen fünf Megawatt vermarkten zu können und damit unsere Erlöse zu steigern“, kündigt Pätzold an.
„Batteriespeicher, die nicht über einen Pool im Verbund mit konventionellen Kraftwerken vermarktet werden, werden am Markt noch systematisch benachteiligt. Obwohl sie nachweislich das Stromsystem entlasten, während die Must-run Leistung konventioneller Kraftwerke die Leitungen für saubere Energie verstopft“, so Clemens Triebel, Vorstandsmitglied bei der Berliner Younicos AG. Die Übertragungsnetzbetreiber stellen derzeit die Weichen für die kommenden Jahre und prüfen die zu erbringenden Rahmenbedingungen sehr genau. Auch für die Zukunft lassen die Marktentwicklung sowie die bisherigen Vergrößerungen der Regelzone stabile Preise für die Primärregelenergie erwarten.
Das macht deutlich, dass sich Batteriespeicher im Wettbewerb mit konventionellen Kraftwerken durchsetzen können. „Die WEMAG zeigt, dass sich intelligente Kurzzeitspeicher schon heute aus betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht lohnen. Mit der systematischen Benachteiligung von Speichern machen wir die Energiewende unnötig teuer. Deutschland hängt da leider international mittlerweile hinterher. In Amerika etwa wird längst auch Schnelligkeit und Präzision honoriert“, so Clemens Triebel weiter.
Younicos hat den Speicher innerhalb von zwölf Monaten schlüsselfertig errichtet. Im Inneren des etwa turnhallengroßen Gebäudes speichern 25.600 Lithium-Manganoxid-Zellen Strom in Millisekunden. Fünf jeweils vier Tonnen schwere Mittelspannungs-Transformatoren verbinden das Kraftwerk sowohl mit dem regionalen Verteilnetz als auch mit dem nahe gelegenen 380-kV-Höchstspannungsnetz.
Das WEMAG-Batteriekraftwerk – ein Leuchtturmprojekt der Energiewende
Als Leuchtturmprojekt der Energiewende steht der Batteriespeicher der WEMAG seit seiner Einweihung im Fokus von Politik und Wirtschaft. Er beweist, dass die Batterietechnologie schon heute marktreif ist und einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende leisten kann. „Wir sind stolz darauf, dass wir mit unserem Batteriekraftwerk eine innovative und effiziente Lösung für die Energiewende hier in Mecklenburg-Vorpommern gebaut haben. Gleichzeitig konnten wir in der Politik und bei vielen Stromversorgern einen Umdenkprozess anstoßen. Wir sind Ideengeber und Vorbild auch für unsere Nachbarländer“, sagt Thomas Pätzold, Vorstandsmitglied bei der WEMAG.
Innerhalb eines Jahres haben über 850 Personen aus zwölf Ländern das Batteriekraftwerk in Schwerin-Lankow besucht, darunter Gäste aus Asien, Amerika und allen Teilen Europas.
„Unser Batteriespeicher ist als Innovation doppelt wegweisend: Er ist die technisch beste Lösung, um die naturbedingten Schwankungen bei der Einspeisung regenerativer Energien auszugleichen und er ist zudem wirtschaftlich sehr attraktiv“, so Pätzold abschließend. Im Zusammenspiel mit Wind und Sonne kann so auch zukünftig die Stabilität der Stromversorgung gewährleistet werden.
Netzleitstelle im eigenen Haus
Ein weiterer Baustein zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit im Stromnetz, ist auch das Projekt „Netzleitstelle im eigenen Haus“, für das im Oktober 2014 der Grundstein gelegt wurde. Im Januar 2016 wird die Netzleitstelle zunächst parallel im Testbetrieb laufen, um zum Ende des Jahres 2016 das Stromnetz der WEMAG Netz GmbH reibungslos steuern zu können. Bisher wird die Steuerung des Stromnetzes von der Stromnetz Hamburg GmbH als Dienstleister sichergestellt. „Netzleitstellen überwachen die Stabilität im Stromnetz und sorgen damit für eine sichere und zuverlässige Energieversorgung. Sie sind die Schaltzentralen der Energiewende“, sagte Ministerpräsident Erwin Sellering in Schwerin und weiter: „Es ist gut und wichtig, dass die WEMAG diese wesentliche Kompetenz wieder in unser Bundesland holt.“
Die zunehmende Einspeisung erneuerbarer Energien stellt hohe Anforderungen an eine optimale Netzsteuerung. Und das wird immer wichtiger: „Im Netzgebiet der WEMAG erzeugten zu Beginn des Jahres Erneuerbare-Energien-Anlagen etwa 115 Prozent der Strommenge, die an unsere Kunden verteilt werden. Damit übertrifft die WEMAG schon heute die von der Bundespolitik gesetzten Ziele weit“, sagt Caspar Baumgart, Kaufmännischer Vorstand der WEMAG. Die Errichtung und der Betrieb einer eigenen Leitwarte ist ein weiterer Beitrag des kommunalen Energieversorgers WEMAG für das Gelingen der Energiewende und für die Versorgungssicherheit der Stromkunden.
Die Netzleitstelle ist auch ein Beleg dafür, wie durch die Energiewende weitere Arbeitsplätze in der Landeshauptstadt entstehen. „Die WEMAG hat am Standort Schwerin zwölf neue hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen, und zwar für einen Leiter der Netzleitwarte, einen Netzführungskoordinator, acht Netzführer sowie zwei Ingenieure für Prozesstechnik“, berichtet Baumgart, weiter.
Das neue Gebäude, in dem die Leitstelle ihren Platz hat, wurde von den Schweriner Architekten Schneekloth & Partner entworfen. Nach knapp einjähriger Bauzeit können auch die 40 Büroarbeitsplätze in der Pestalozzistraße nun planmäßig bezogen werden. Für den Bau des neuen Gebäudes und die Einrichtung der Netzleitstelle investierte die WEMAG insgesamt 5,1 Mio. Euro.
Sichere Versorgung und Wertschöpfung für die Region
Mit der Errichtung einer eigenen Netzleitstelle in Schwerin meistert die WEMAG die Herausforderungen, die die Energiewende mit sich bringt, und erschließt sich darüber hinaus ein neues Geschäftsfeld. In Zukunft kann sie zum Beispiel auch auf diesem Feld Betriebsführungsaufgaben für Dritte übernehmen. Bereits seit ihrer Rekommunalisierung im Jahr 2010 arbeitet die WEMAG an der Entwicklung technischer Lösungen, die eine weitere Stabilisierung der Energieversorgung ermöglichen. Gleichzeitig müssen diese Lösungen im hart umkämpften Energiesektor wirtschaftlich attraktiv sein. Das kommunale Unternehmen gehört zu fast 75 Prozent den Gemeinden seines Versorgungsgebietes und sichert durch innovative, moderne Umsetzungen Wertschöpfung für die Region.