Ludwigslust – Am Freitag, den 18. September wird Ludwigslust Austragungsort eines ganz besonderen musikalischen Festes. Erneut laden die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern mit ausgewählten Ensembles ein, der höfischen Musik Mecklenburgs aus vergangenen Jahrhunderten zu lauschen. Von 15:00 bis 18:30 Uhr gibt es ein Tagesprogramm: zum Entrée wird um 15:00 Uhr eine Führungdurch den prächtigen Garten des Ludwigsluster Schlosses angeboten. Danach stellen der Jugendkammerchor des Musikgymnasiums Schwerin und das Ensemble Musica Instrumentalis Schwerin in der Kirche im Stift Bethlehem unter der Leitung von Bernd Spitzbarth Chormusik von am Ludwigsluster Hof wirkenden Komponisten, wie Kunzen, Zinck und Westenholtz, vor.
Zum Abschluss des Tagesprogramms folgt im Goldenen Saal des Schlosses ein Konzert mit dem Schweriner Alte Musik-Ensemble „vent et cordes“ und Musik von Lully, Boismortier u. a. Zum krönenden Abschluss des Tages werden um 20:00 Uhr in der barocken Stadtkirche von Ludwigslust der NDR Chor und das Mecklenburgische Barockorchester „Herzogliche HofKapelle“ unter dem Titel „Ludwigsluster Klassik“ den zweiten Teil von Händels „Messias“ HWV 56 in der Ludwigsluster Fassung und Aufführungstradition darbieten. Als Solisten sind die Sopranistin Claire Elizabeth Craig, die Altistin Stine Marie Fischer, der Tenor Simon Bode und der Bassist Eric Ander zu Gast. Die Leitung hat Johannes Moesus inne. Für das Abendkonzert gibt es noch Karten (Preise: € 35,-/25,- zzgl. VVK-/AK-Gebühr), telefonisch unter 0385 5918585, unter www.festspiele-mv.de, an den bekannten Vorverkaufskassen oder an der Abendkasse, die um 19:00 Uhr öffnet. Auch für den nachmittäglichen Entrée-Teil sind noch wenige Restkarten vorhanden; die Tageskasse für das Tagesprogramm (ein Ticket für alle drei Veranstaltungen, Preis: € 25,-) öffnet bereits um 14:00 Uhr. Tagesprogramm und Abendkonzert können auch im Tagesticket (Preise: € 50,-, 40,-) gebucht werden.
Das barocke Meisterwerk „Der Messias“ HWV 56 gehört zu den populärsten Kompositionen von Georg Friedrich Händel. Am 13. April 1742 in Dublin uraufgeführt, hat sich vor allem der mitreißende, im feierlichen D-Dur komponierte „Halleluja“-Chor in den Köpfen der Menschen eingeprägt; sei es in der 4000 Sänger starken Variante zu Händels 200. Geburtstag 1885 in London oder mit 16-köpfigen Chor in der Variante des niederländischen Dirigenten Ton Koopman. In den drei Teilen des Oratoriums vertonte Händel ausschließlich Bibeltexte, hauptsächlich aus dem Alten Testament. Aufgrund seines Themas, der christlichen Heilsgeschichte, wurde es seit jeher zumeist in der Fasten- oder Osterzeit zur Aufführung gebracht. In den englischsprachigen Ländern, denen Händel durch seinen langen Aufenthalt in London besonders verbunden ist, verbreitete sich schon zu Lebzeiten Händels die Tradition, das Werk in der Adventszeit aufzuführen. Der Komponist selbst nahm zahlreiche Umänderungen vor; die Festlegung auf eine eindeutige Urversion Händels ist somit kaum möglich. So kann das Publikum in den Konzertsälen überall auf der Welt heutzutage eine wahre Messias-Vielfalt genießen. Im Konzert der Festspiele MV beispielsweise erklingt das Werk originalgetreu nach den Quellen der überlieferten Aufführung in Ludwigslust im Jahr 1781; dazu gehören die Textbücher von 1780 genauso wie das gesamte Notenmaterial mit den Einzeichnungen der Musiker zu Verzierungen und Tempi.
1946 gegründet, ist der NDR Chor heute einer der führenden professionellen Kammerchöre Deutschlands. Neben Konzertauftritten und Rundfunkaufnahmen vor allem mit Ensembles des NDR und als Partner aller anderen ARD-Chöre und -Sinfonieorchester liegt der Schwerpunkt der Arbeit des NDR Chores heute besonders auf der Auseinandersetzung mit anspruchsvoller A-cappella-Literatur aller Epochen. Seit der Konzertsaison 2009/10 ist die eigene Abonnementreihe des NDR Chores fester Bestandteil des Hamburger Musiklebens. Neben den Hamburger Auftritten und vielen Konzerten im großen Sendegebiet des NDR ist der NDR Chor regelmäßig zu Gast bei Festivals wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival, den Internationalen Händel-Festspielen Göttingen, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern sowie dem Rheingau Musik Festival. International ist er zu hören bei Festivals wie dem Lucerne Festival und dem Festival Septembre musical in Montreux. Häufig tritt der NDR Chor auch mit renommierten Ensembles außerhalb der ARD wie Concerto Köln, dem Ensemble Resonanz, den Hamburger Philharmonikern und Symphonikern, dem Mahler Chamber Orchestra oder dem London Symphony Orchestra auf. Der Chor musizierte unter Dirigenten wie Eric Ericson, Sir Roger Norrington, Daniel Barenboim, Michael Gielen, Thomas Hengelbrock, Mariss Jansons, Paavo Järvi u. a. Seit 2008 hat Philipp Ahmann die künstlerische Verantwortung für das Ensemble.
Das Mecklenburgische Barockorchester „Herzogliche HofKapelle“ wurde 1993 gegründet und spielt auf historischen Instrumenten, sowie Kopien historischer Instrumente. In seiner Besetzung orientiert es sich an der überlieferten Größe der Herzoglich Mecklenburg-Schwerinschen Hofkapelle zu Ludwigslust in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und pflegt die Tradition der „Concert Spirituel“. Besonders die Musik der „Ludwigsluster Klassik“ bildet einen Schwerpunkt der aufführungspraktischen Wiederentdeckung mecklenburgischer Musik. Immer wieder werden den mecklenburgischen Musikern in den Medien „gelöster und vitaler Umgang mit Musikgeschichte“ in „stilistisch vorbildlichen Aufführungen“ „von erfrischender Lebendigkeit“ und „ungemein wirkungsvoller Ausdrucksintensität“ bescheinigt. Regelmäßige intensive Zusammenarbeit verbindet das Mecklenburgische Barockorchester mit dem Dirigenten Johannes Moesus und dem NDR Chor. Die alljährliche Konzertreihe „Ludwigsluster Klassik“ der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern sorgt für Höhepunkte in der Pflege des musikalisch-kulturellen Erbes Mecklenburgs.
Der Jugendkammerchor wurde im September 2014 von Bernd Spitzbarth gegründet und setzt die große und erfolgreiche Chortradition am Schweriner Musikgymnasium fort. Zeitgenössische Musik und Uraufführungen sind ebenso Teil der Aufführungen wie Konzerte mit Ensembles der „Alten Musik“. Der Chor gewann jüngst beim Internationalen Chorwettbewerb „Coral de Verão“ Lissabon 2015 zwei Goldmedaillen in den Kategorien „Jugendchor“ und „Geistliche Chormusik“.
1984 in Schwerin gegründet, ist Musica Instrumentalis Schwerin das älteste Ensemble Mecklenburgs, das sich die Aufführung von Werken des umfangreichen Musikerbes des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf historischen Instrumenten zur Aufgabe gemacht hat. Das umfangreiche Repertoire des Ensembles umfasst neben Werken mecklenburgischer und vorpommerscher Komponisten, Musiker, Kapell- und Konzertmeister, Kantoren und Sänger, ebenso Kompositionen der bekannten Barockmeister, wie Johann Sebastian Bach, Telemann, Vivaldi, Tartini oder Corelli. Für die Vorbereitung der Aufführungsmaterialien werden fast ausschließlich originale Quellen, also Handschriften und Erstdrucke, vor allem aus den Beständen der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern Schwerin, verwendet. Zahlreiche Konzerte, Rundfunkaufnahmen, die Mitwirkung im ZDF-Sonntagskonzert, sowie eine CD-Produktion „Musik in Mecklenburg“ machten das Ensemble und die mecklenburgische Musik über die Grenzen des Landes hinaus bekannt.
Das Ensemble vent et cordes (Wind und Saiten) aus Schwerin vereint seit 1994 Musikerinnen und Musiker, die auf Kopien historischer Instrumente die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts wieder aufleben lassen wollen. Der reizvolle Zusammenklang von Blas- und Saiteninstrumenten als besonders farbenreiche Instrumentierungsmöglichkeit in der Musik des Barock sind der besondere Ausdruck, die eigene Note des Ensembles. Ein Schwerpunkt im Repertoire des Ensembles ist die französische Barockmusik unter Einbeziehung der Musette, wie sie am Hofe Ludwigs XIV. und XV. üblich war. Seit 1995 ist das Ensemble Mitbegründer und -organisator der „Tage Alter Musik“ in Schwerin. Die Musiker konzertierten innerhalb des Musiksommers Mecklenburg-Vorpommern, des Usedomer Musikfestivals und im Rahmen der Göttinger Rathauskonzerte. 2015 beinhaltet Konzerte innerhalb der Greifswalder Bachwoche sowie der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.
Hätte der französische Sonnenkönig mit Versailles nicht den Neid aller europäischen Adelshäuser geweckt, gäbe es statt der Konzerte im spätbarocken Schloss Ludwigslust heute wohl eher Kammermusik im hölzernen Jagdschloss von Klenow. 1754 gab Herzog Christian Ludwig II. dem kleinen Gut Klenow seinen Namen und sein Sohn Friedrich der Fromme begann ab 1763 damit, den Schweriner Hof hierher zu verlegen. Das Schloss wurde 1772 bis 1776 durch den Hofbaumeister Johann Joachim Busch in Anlehnung an das große Vorbild von Versailles errichtet. Es ist bis heute Mittelpunkt einer vollständig erhaltenen spätbarocken Stadtanlage. Obgleich der Hof im Jahre 1837 wieder nach Schwerin zurückkehrte, blieb das Schloss beliebte Jagd- und Sommerresidenz. Im Mitteltrakt liegt der Goldene Saal. Er war Spielort der „Mecklenburg-Schwerinschen Hofkapelle“ und wird bis heute wegen seiner festlichen Pracht und hervorragenden Akustik geschätzt. Durch den Einsatz von lichtem Grau und Gold strahlen die Räume eine dezente Noblesse aus. Oft verbirgt sich dahinter allerdings kostengünstiges Pappmaché: Selbst Statuen und Büsten wurden in der herzoglichen Kartonfabrik hergestellt. Nach jahrelanger Rekonstruktion wird der Goldene Saal nun in 2015 wiedereröffnet. Als der Schweriner Hof es 1765 dem französischen Vorbild gleichtat und seinen Sitz in das „mecklenburgische Versailles“ Ludwigslust verlegte, wurde offensichtlich mit Wonne Neues ausprobiert und gerne mit Gewohntem gebrochen. Bestes Beispiel ist die 1770, und damit noch vor dem Schloss, fertig gestellte Hofkirche, die heutige Stadtkirche von Ludwigslust, deren Portikus mit den dorischen Säulen, den Evangelistenstatuen und dem Christusmonogramm eher an einen Tempel erinnert und so gar nicht zu den Backsteinkirchen Mecklenburgs passen will. Im Inneren gibt es noch mehr Ungewohntes: Ein Riesengemälde, das die Verkündung der Geburt Christi an die Hirten durch den Engel Gabriel darstellt, und an dem 30 Jahre gemalt wurde, bedeckt die gesamte Altarwand. Die Decke wird von jeweils sechs riesigen dorischen Säulen links und rechts des Raumes getragen und zum Altar führen zwei geschwungene Freitreppen. Die Herzogsloge gleicht der eines Theaters und die Orgel versteckt sich hinter dem Altarbild. Typisch Ludwigslust: Lüster, Ornamente und Stuck bestehen aus mit Kalk bestrichenen und teilweise vergoldetem Pappmaché, der kostengünstigen Alternative zu Granit, Marmor oder Edelmetall, mit der auch große Teile des Schlosses ausstaffiert wurden. Vom 350 qm großem Monumentalgemälde bis hin zum Goldlüster aus Papier: gewollt war der Effekt – und der wirkt zweifellos bis heute!