Dummerstorf – Am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) wird nicht nur in konventionellen Ställen geforscht. Seit vergangenem Jahr zählt auch ein Schweinestall, der nach der EU-Öko-Richtlinie errichtet worden ist, zu den tierexperimentellen Anlagen des FBN. Jetzt gibt es dort den ersten Ferkelnachwuchs und ein neues Forschungsprojekt.
In dem im August 2020 eröffneten Erweiterungsbau sollen im Interesse einer tier-, umwelt- und klimafreundlichen Nutztierhaltung insbesondere ökologische Aspekte der Tierproduktion stärker in den Forschungsfokus des FBN rücken. Weitere Schwerpunkte liegen in der Erforschung alter, gefährdeter Nutztierrassen sowie in der Entwicklung smarter Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Alle FBN-Institute am Forschungsprojekt beteiligt
Im aktuellen neuen Projekt unter dem Titel „Vergleichende Phänotypisierung von Muttertieren zweier Schweinerassen (Deutsche Landrasse, Sattelschwein) und ihrer Nachkommen unter zwei Umwelt- und Management Bedingungen“ sollen die Tiere in den beiden unterschiedlichen Haltungsumwelten, konventionell und ökologisch, umfassend untersucht und beprobt werden.
„Alle Forschungsbereiche des FBN von der Genetik und Genombiologie, über die Verhaltensphysiologie, die Muskelbiologie, die Fortpflanzungs- und Ernährungsphysiologie, sind an diesem Projekt beteiligt“, kündigte Vorstand Prof. Klaus Wimmers an. „Durch Beobachtungen, Verhaltenstests, Speichel-, Milch-, Blut- und Gewebeproben und deren anschließende Analysen in unseren Laboren zusätzlich zu den routinemäßig erfassten Daten entsteht somit ein umfassendes Bild vom Einzeltier. Dabei wird wie bei jedem Tierversuch am FBN darauf geachtet, Eingriffe am Tier auf ein Minimum zu reduzieren oder durch schonendere oder nichtinvasive Methoden zu ersetzen oder zu ergänzen. So hat sich in den letzten Jahren unter anderem die Cortisolbestimmung (Stresshormon) aus dem Speichel oder den Haaren als Alternative zur Blutprobe durchgesetzt.“In der Experimentalanlage Schwein können mit dem Neubau des 780 Quadratmeter großen Ökostalls jetzt an einem Standort unter authentischen Bedingungen konventionelle und ökologische Haltungsbedingungen untersucht werden. In der bereits 1998 eröffneten Experimentalanlage Schwein stehen den Tieren weitere rund 1.140 Quadratmetern zur Verfügung.
Gewebeproben in der Biobank reduzieren Tierversuche
„Im Ökostall leben die Tiere in größeren, eingestreuten Buchten, haben Zugang zu Außenausläufen und bekommen Bio-Futter. Gehalten werden Tiere der Deutschen Landrasse und des Deutschen Sattelschweins“, erläuterte die Leiterin der Experimentalanlage Schwein, Marianne Zenk. „Unsere Tiere sind Herdbuchtiere, sie werden nur mit Ebern in ihrer eigenen Rasse in Reinzucht angepaart, um dann auch mit den Nachkommen weiter züchten zu können. Damit leisten wir auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser beiden seltenen Schweinerassen“, so die Agraringenieurin.
„In den vergangenen Wochen sind nun die ersten Ferkel im neuen Stall geboren. 60 Ferkel von vier Sauen bei der Deutschen Landrasse und 27 Ferkel von zwei Sauen bei den Sattelschweinen. Diese bleiben sechs Wochen bei ihrer Mutter, anschließend werden die Sauen wieder neu besamt und warten im großen Bereich für tragende Sauen auf die nächste Geburt. Die Ferkel kommen im Familienverbund in den Aufzuchtbereich. Ab diesem Zeitpunkt können wir von jedem Tier bis zum Ende der Mast am 160. Lebenstag Futterdaten wie beispielsweise die Futtermenge, Fresszeit und Futterzeit erfassen und auswerten.“
Zahlreiche Gewebeproben sollen mit Beginn des Projektes in einer eigenen Biobank konserviert und für andere Forschungsansätze aufbewahrt werden. Dadurch leistet das FBN einen Beitrag zur Reduzierung von Tierversuchen. In den kommenden Jahren werden die Ergebnisse der bislang umfassendsten Studie dieser Art am FBN bei Schweinen öffentlich vorgestellt.