Schwerin – Kinderheime zu DDR-Zeiten sind heutzutage ein viel diskutiertes Thema. Ronald Apitz war in den 60er Jahren vier Jahre lang im Kinderheim „G.A. Demmler“ und berichtete anlässlich des 70. Geburtstag der Einrichtung über seine Erfahrungen.
Dr. Ronald Apitz ist im Jahre 1952 geboren und wohnte, bis er in die 6. Klasse kam, mit seiner Familie in einer Wohnung. Als die Eltern sich trennten, die Mutter krank wurde und der Stiefvater mit einzog, war es für die Kinder kein schönes Zusammenleben mehr. „Irgendwann wurde mir gesagt, dass meine Schwester und ich ein anderes Zuhause beziehen würden“, erinnerte sich Ronald Apitz. Die Geschwister kamen dann in das Kinderheim „G.A. Demmler“ in der Demmlerstraße. „Anfänglich war es natürlich gewöhnungsbedürftig, aber ich habe die Zeit dort als sehr positiv in Erinnerung. Mir gefiel es, dass es Strukturen im Alltag gab und wir in unseren Gruppen viele gemeinsame Unternehmungen machten“, berichtete er weiter.
„Mit unserem Erzieher, Herrn Granzin, machten wir Ausflüge, bauten Fussballtore und veranstalteten Buchlesungen. Ich habe dort viel gelernt für das spätere Leben.“ Nach vier Jahren verließ er das Heim und absolvierte eine Ausbildung als Facharbeiter für elektronische Datenverarbeitung. Nach der Grundwehrdienstzeit setzte er sich ein neues Berufsziel: Er wollte Bauingenieur werden! Studieren ohne Abitur und dann noch eine völlig andere Fachrichtung einschlagen: Fast ausgeschlossen.
Doch Ronald Apitz setzte sich durch: „Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich bei Herrn Dr. Grabosch, der die Außenstelle der Hochschule Wismar in Schwerin leitete, vorsprach. Er setzte sich dafür ein, dass ich das Abitur vorbereitend auf mein Studium nachholen konnte, obwohl ich keinen Beruf gelernt hatte, der annähernd etwas mit Bauingenieurwesen zu tun hatte.“, erklärte Ronald Apitz. Einzige Bedingung: Er musste ein Jahr parallel zum Abitur auf einer Baustelle arbeiten. „Eine sehr lehrreiche Zeit in meinem Leben“, beteuerte er. „Ich habe dort so viel mitgenommen für meinen späteren Beruf.“ Und so ging er seinen Weg weiter: Nach dem Abitur studierte er Bauingenieurwesen, promovierte und arbeitete einige Jahre als Angestellter. 1994 gründete er sein eigenes Ingenieurbüro, das bis heute erfolgreich besteht.
Das Heim, in dem er vier Jahre seines Lebens verbrachte, vergaß er nie. „Für mich ist es wichtig, die Schwächsten unserer Gesellschaft zu unterstützen und das sind die Kinder.“ Ronald Apitz veranstaltet regelmäßig Fussballtuniere, lädt die Kinder zu Theater- oder Schwimmbadbesuchen ein. „Mich ärgert es am meisten, dass durch Berichterstattung in der Presse über die „DDR-Kinderheime“ein Bild gezeichnet wurde, das so nicht auf alle Heime zutrifft. Zu DDR-Zeiten kümmerte sich der Staat mit übertriebener Fürsorge um die Kinder und schickte viele vorschnell ins Kinderheim.
Heute würde ich mir mehr staatliche Fürsorge wünschen, um viele Kinder einfach zu schützen und ihnen eine Chance auf ein besseres Leben zu geben.“ Ronald Apitz wird auch am 29. Mai beim 70. Geburtstag des Demmlerhauses dabei sein und freut sich schon auf ein Wiedersehen mit anderen ehemaligen Bewohnern und Mitarbeitern. Los geht´s ab 10 Uhr mit dem Treffen, ab 15 Uhr wird es ein Kinderfest für Groß und Klein geben. Ehemalige aller Jahrgänge können sich noch bei Silke Schönrock unter 0385/745 26 96 oder per Mail unter schoenrock@sozius-schwerin.de für den 29. Mai anmelden.