Schwerin – Die Grünen geben sich mit dem Erklärungsversuch der Stadtverwaltung zum Thema Arsen in der Schelfstadt, der vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, nicht zufrieden.
Arndt Müller, stellv. Fraktionsvorsitzender der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion in der Stadtvertretung:
"Als Folge unserer intensiven Nachfragen hat die Stadt endlich ihre Informationspolitik zum Arsen-Thema in der Schelfstadt verbessert und weitere Untersuchungsergebnisse zeitnah veröffentlicht. Allerdings stimmen uns die vagen Aussagen zu den Ursachen der erhöhten Arsen-Werte im Grundwasser nicht zufrieden. Dass es ’natürliche‘, also ‚geogene‘ Ursachen für die hohen Arsenwerte gibt, halten wir für unwahrscheinlich, wenn man weiß, dass Arsen in den Verzinkereien der Galvanikindustrie der Zinkschmelze zugesetzt wird, um die Haftungseigenschaften des Zinks an der Eisenoberfläche des zu verzinkenden Metallstückes zu verbessern.
Insofern liegt es nah, die Ursachen in den Reststoffen des ehemaligen VEB Galvanik zu suchen, die offenbar noch im Erdreich stecken und von der bisherigen Sanierung nicht erfasst wurden. Dass der in dem Areal anstehende Torf angeblich das Arsen zurückhält und nicht in den Oberboden aufsteigen lässt, können wir noch nicht vollständig nachvollziehen. Dieser Prozess hängt ganz entscheidend von den Eigenschaften des Torfes ab. Deshalb werden wir uns die Gutachten dazu im Umweltausschuss genauer vorstellen lassen.
Es ist für uns insgesamt höchst beunruhigend, dass es mitten in der Stadt einen noch derart aktiven Altlastenstandort gibt. Zwar kommt die Stadtverwaltung ihren Kontrollaufgaben nach, doch muss die Ursachenforschung zur Arsenbelastung deutlich intensiviert werden. Zu beobachten, zu warten und zu hoffen, dass die Arsenkonzentration im Grundwasser wieder abnimmt, ist aus unserer Sicht zu wenig.
Fragen und Antworten zum Thema Arsen-Belastung im Bereich der Jahnstraße
Welche Werte wurden ermittelt?
In einer im Januar neu errichteten Grundwassermessstelle im Hinterhof der Jahnstraße 11/13 wurden
• im Februar 2015 ein Arsen-Wert (As) von 303 µg/l,
• im März ein Wert von 247 µg/l As und
• im Mai von 197 µg/l As
in der Grundwasserschicht festgestellt, die mehrere Meter unter dem Gelände liegt.
Gleichzeitig sind einer danebenliegenden sehr flach ausgebauten Grundwassermessstelle die Werte im oberflächennahen Stauwasser oberhalb der Torfschicht angestiegen. Dort wurden nach 3 µg/l im Februar, 21 µg/l Arsen im Mai festgestellt.
Sind damit zulässige Grenzwerte überschritten und wie hoch sind diese
Rechtsverbindliche zulässige Grenzwerte für das Grundwasser gibt es nicht. In der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sind allerdings Werte definiert, bei deren Überschreiten in Abhängigkeit von der jeweiligen Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Der dafür maßgebliche Prüfwert für Arsen liegt bei 10 µg/l und entspricht damit dem Grenzwert in der Trinkwasserverordnung.
Die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser hat außerdem einen so genannten Maßnahmeschwellenwert für Arsen von 60 µg/l festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, werden in der Regel weitere Maßnahmen eingeleitet.
Wurden noch weitere schädliche Substanzen im Grundwasser festgestellt?
Bei den Untersuchungen im Mai wurden noch Nitrat mit 55 mg/l, Ammonium mit 2 mg/l und Bor mit 0,85 mg/l als erhöht festgestellt. Diese Werte wären jedoch hier nur im Zusammenhang mit einer Trinkwassernutzung für den Menschen bedenklich. Eine Vielzahl weiterer untersuchter Parameter war unbedenklich.
Wie wird die Öffentlichkeit unterrichtet?
Über die aktuellen Ergebnisse der Ende Mai erfolgten Nachbeprobungen wurde die Öffentlichkeit am 26.6.2015 unmittelbar nach Vorliegen des Gutachtens in einer Pressemitteilung informiert. Die betroffenen Anwohner im Bereich zwischen Münzstraße/Schliemannstraße/Jahnstraße/Grüne Straße erhielten zeitgleich individuelle Mitteilungen in die Briefkästen. Sollten sich durch weitere Untersuchungen Anhaltspunkte für Bodenbelastungen ergeben, werden die Eigentümer und Nutzer der betroffenen Bereiche unverzüglich und direkt durch das Umweltamt informiert.
Woher könnte das Arsen stammen?
Die Ursache für die Belastung ist weiterhin unklar. Ein Zusammenhang mit der ehemaligen Galvanik ist laut Gutachter unwahrscheinlich. Gutachterlich favorisiert wird derzeit eine geologisch-bedingte Erhöhung der Arsen-Werte durch ein natürlich erhöhtes Arsen-Vorkommen im Boden. Eine Verunreinigung durch lokale Verkippungen von arsenhaltigen Schadstoffen (z. B. Rattengift, Holzschutzmittel, Pestizide) kann aber weiterhin nicht ausgeschlossen werden.
Welche Gefahren bestehen für die Anwohner?
Konkrete Nutzungseinschränkungen sind derzeit nicht notwendig.
Bei Vermeidung des Kontakts mit dem belasteten Grundwasser besteht keine Gefahr für die menschliche Gesundheit. Auch das Trinkwasser ist nicht gefährdet, da dessen Gewinnung in einem Stadtgebiet mit anderen Boden -und Grundwasserverhältnissen erfolgt.
Die Nutzung des Grundwassers ist dagegen ohne vorherige Reinigung nicht möglich und die Grundwasserentnahme bis auf weiteres unzulässig. Gleiches gilt für das Freilegen des Grundwassers, z. B. durch Grabungen, Bohrungen oder Baumaßnahmen. Hierfür ist jedoch ohnehin immer eine behördliche Zustimmung erforderlich.
Kann man das angebaute Gemüse im Garten noch essen?
Da die bisher als Parkplätze genutzten Hinterhöfe in der Jahnstraße potenziell auch als Hausgärten dienen, wurden im Frühjahr diesen Jahres durch den zuständigen Gutachter Säulenversuche durchgeführt, um eine mögliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit ausschließen zu können. Hierbei wurde festgestellt, dass der mehr als ein Meter mächtige Torf, der im Gebiet unter dem Oberboden und über d em Grundwasser ausgebildet ist, das Arsen zu mehr als 93 Prozent zurückhält und somit nur ein sehr geringer und damit unschädlicher Teil in den Oberbodenbereich gelangen kann. Da für die Versuche ein „verdünnter“ Torf (25% Torf, 75% Sand) verwendet wurde, wird das Ergebnis beim 100%igen Torf besser ausfallen.
Derzeit wird davon ausgegangen, dass bei Einhaltung der üblichen hygienischen Maßnahmen (z.B. gründliche Reinigung) keine Gefahr für die Nutzer besteht.
Auch unter Berücksichtigung der leicht erhöhten Arsenbelastung im oberflächennahen Grundwasser sind derzeit Nutzungseinschränkungen unter gesundheitlichem Aspekt aus Sicht des Gesundheitsamtes nicht notwendig.
Was müssen die Anwohner beachten?
Sie sollten vermeiden, dass das Grundwasser bewusst oder unbewusst freigelegt oder genutzt wird. Prinzipiell gelten rechtliche Vorschriften für die Nutzung bzw. das Freilegen von Grundwasser. Entsprechende Bohrungen dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Wasserbehörde erfolgen. Ebenso sollte die natürliche Torfschicht nicht durchstoßen werden, da sie einen natürlichen Schutz bietet. Beim Kontakt mit dem Boden sind die üblichen hygienischen Maßnahmen anzuwenden (gründliche Reinigung)
Wie geht es jetzt weiter?
Die Arsen-Belastung des Grundwassers wird weiter behördlich überwacht.
Um Bodenbelastungen im weiteren Umfeld der betroffenen Grundwassermessstellen auszuschließen, sind hier kurzfristige Untersuchungen der Oberböden im Juli geplant.
Wann liegen die Ergebnisse der Folgeuntersuchungen vor?
Die nächste umfangreiche Beprobung der Grundwassermessstellen erfolgt planmäßig im August 2015. Die Beprobungen des Oberbodens im weiteren Umfeld der betroffenen Grundwassermessstellen finden im Juli statt – die Ergebnisse liegen Ende Juli vor.