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Eine Bibliothek wirkt manchmal Wunder

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Schwerin – Es gibt da eine alte Idee: Allen Menschen, ohne Ansehen der Person, einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Kultur zu ermöglichen. Das deutsche Schulsystem, dies dürfte inzwischen allgemein bekannt sein, kann mit seiner in allen Bundesländern verschieden geregelten Vielgliedrigkeit und Uneinheitlichkeit extrem separierend über Wohl und Wehe der Zukunft von Menschen hierzulande wirken.

Auch über den Besuch von kulturellen Veranstaltungen und Einrichtungen entscheidet nicht selten ebenfalls der Geldbeutel. Und so ist die kommunale öffentliche Bibliothek inzwischen die einzige Einrichtung, die allen Menschen einen wirklich freien Zugang zu Büchern und vielen anderen Medien und damit zu Bildung und Kultur insgesamt ermöglichen kann. Damit schafft sie Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit auch für diejenigen, die mehr, als das ihnen Zugetraute, erreichen können und wollen. Es ist nun wirklich an der Zeit, eine Einrichtung wie die Bibliothek entsprechend zu würdigen.

Student Markus Rein (Informationstechnologie und Design) legt erstmals eine Chronik zur Entstehung und Entwicklung der Schweriner Stadtbibliothek vor. Der Bedarf für eine öffentliche Bibliothek war schon im 19. Jahrhundert gegeben. Das Aufblühen der Residenzstadt Schwerin und die zunehmende Industrialisierung verlangten nach gut ausgebildeten Fachkräften. So waren es zunächst die Handwerksverbände, später auch die Stadt selbst, die Bibliotheken unterstützten beziehungsweise ins Leben riefen. Die erste Stadtbibliothek existierte allerdings nur von 1863 bis 1879. Halbherzig ausgestattet und konzeptionslos wirkte sie am Bedarf der Schweriner Bevölkerung vorbei. Die gewerblichen Leihbüchereien der Stadt boten hingegen beliebte und aktuelle Literatur an und wurden eifrig genutzt.

Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts entstand mithilfe der Volksbibliotheks-Bewegung und der Kuetemeyer-Schenke-Steinicke-Stiftung im Stiftungsgebäude in der August-Bebel-Str. 29 (ehem. Standesamt am Pfaffenteich) eine gut bestückte, dauerhaft und lebhaft genutzte Volksbücherei. Mit der Veränderung der Machtverhältnisse nach dem ersten Weltkrieg entbrannten unter den Schweriner Stadtvertretern neue Diskussionen um den Aufbau einer „Allgemeinen Öffentlichen Bücherei und Lesehalle“. Diese Bibliothek wurde dann mit Unterstützung von Vereinen, Verbänden und privaten Spendern in neuen Räumlichkeiten in der Grenadierstraße (heute Friedensstraße) im Jahre 1922 eröffnet. Seither wurden Buchbestände stetig erweitert und erneuert. Die Leserzahlen stiegen und Schweriner konnten verschiedene Zweigstellen, verteilt über das gesamte Stadtgebiet, nutzen.

Ihre einzige echte Blütezeit erlebte die Schweriner Stadtbibliothek zu DDR-Zeiten und in den Anfängen kurz nach der Wende in den 1990er Jahren. In den Jahrzehnten zuvor und in den letzten 10 bis 15 Jahren stand die Bibliothek immer wieder unter großem Rechtfertigungsdruck in der Stadtpolitik. Gründe dafür liegen häufig in „hohen Kosten“ und „geringem Nutzen“. Dabei dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein, dass jeder in Bildung investierte EURO auf lange Sicht durch gebildete, höher qualifizierte und damit besser bezahlte Menschen in späteren Jahren mehrfach zurück kommt.

Rückblickend kann man sagen: Anfangs war es ein Kraftakt, die Bibliothek zu gründen. Heute, da sie einen guten Ruf genießt, traut sich kein Stadtpolitiker, sie abzuschaffen. Denn die Schweriner Stadtbibliothek mit ihren Zweigstellen in Lankow und auf dem Dreesch hat sich hervorragend bei ihren Lesern und Nutzern etabliert. Der neue, farbenfrohe, moderne Standort der Hauptstelle in den Schweriner Höfen wird inzwischen als beliebter Treffpunkt von jüngeren und älteren, neugierigen, lesehungrigen und wissensdurstigen Schwerinern mitten in der Stadt geschätzt.

Autor Markus Rein möchte mit seiner Chronik ein Zeichen setzen. Denn ihm und anderen aufmerksamen Menschen in der Stadt ist nicht verborgen geblieben, dass sich die Stadtpolitik aus ihrer Verantwortung für ihre Bibliothek schleichen möchte. Aktuell leidet die Bibliothek darunter, dass die Stellen ausscheidender Mitarbeiterinnen seit Jahren nicht wieder neu besetzt werden. Dadurch kann zukünftig der Service der Bibliothek erheblich beeinträchtigt werden. Schlechterer Service würde geringere Nutzung nach sich ziehen. Und so würden die Politiker dann einen Grund haben, noch weiter an der Bibliothek zu kürzen, um sie doch irgendwann zu schließen.

Um diesem Prozess entgegen zu wirken, hat Markus Rein zusammen mit anderen aufmerksamen Menschen und Menschen, die Verantwortung für Wertvolles und Erhaltenswertes in der Region übernehmen wollen, eine Vereinigung gegründet. Der Freundeskreis der Stadtbibliothek setzt sich sehr engagiert für die Stadtbibliothek und Bildungsförderung ein und sucht noch viele Verbündete. Das macht Hoffnung für eine alte Idee und neue Ideen, die von hier aus – mithilfe der Bibliothek – in die Welt getragen werden können.

Die Chronik ist ab sofort im Buchhandel erhältlich ist.

Einkaufen und ohne Mehrkosten helfen:
www.bildungsspender.de/bibofreunde-sn

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