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Dreistes Inkasso: Jede zweite Forderung ist unberechtigt

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Schwerin – Verbraucherzentralen werten über 1.400 Fälle aus! „Mehr als die Hälfte der Forderungen sind willkürlich. Die Höhe der Gebühren ist oft unverhältnismäßig. Verbraucher werden durch unseriöse Inkassodienste massiv unter Druck gesetzt.“ So fasst Stephan Tietz, Jurist der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern, die wesentlichen Ergebnisse einer bundesweiten Aktion der Verbraucherzentralen zusammen. Vom 1. Mai bis 31. August dieses Jahres wurden 1.413 Verbraucherbeschwerden zu Inkassodiensten erfasst und ausgewertet. Die Verbraucherzentralen sahen sich dazu veranlasst, da trotz gesetzlicher Verbesserungen die Anfragen in den Beratungsstellen nicht abnahmen. „Gerade die hohe Zahl unberechtigter Forderungen zeigt, dass Verbraucher Rechnungen von Inkassodiensten stets hinterfragen und sorgfältig prüfen sollten“, sagt der Rechtsexperte.

Fragliche Vertragsgrundlagen und uneinheitliche Gebühren

Bei den untersuchten Beschwerden stammte fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsanbieter. Geltend gemacht wurden auch Ansprüche aus Gewinnspielen, E-Mail-Diensten, Dating-Portalen und dem Versandhandel. In 56 Prozent der Fälle war keine Vertragsgrundlage für die Forderung zu ermitteln. „Inkassodienste sind nicht verpflichtet, die Ansprüche, die sie eintreiben, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Auch seriöse Inkassounternehmen verschicken deshalb immer wieder unberechtigte Forderungen“, sagt Tietz. „Das ist ein gravierendes Problem und erklärt die auffällig hohe Zahl.“ Die Auswertung zeige auch, dass die Berechnung der Inkassogebühren uneinheitlich ist. Für einfache und standardisierte Zahlungsaufforderungen sind die Gebühren oft unangemessen hoch. „Bei Bagatellforderungen wachsen die Kosten dann unverhältnismäßig an“, kritisiert der Jurist.

Drohgebärden und vorformulierte Schuldanerkenntnisse

In einem Drittel der geprüften Anschreiben wurden massive Drohungen ausgesprochen. Verbraucher müssten beispielsweise mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckung rechnen. „Betroffene zahlen häufig aus Angst, obwohl sie dazu möglicherweise gar nicht verpflichtet sind“, so Tietz. In 20 Prozent der ausgewerteten Fälle wurden Verbraucher gedrängt, eine Ratenzahlungsvereinbarung zu unterzeichnen. Häufig ist daran ein vorformuliertes Schuldanerkenntnis gekoppelt. „Mit diesem Trick versuchen die Inkassodienste, sich eine gültige Rechtsgrundlage zu verschaffen“, warnt der Experte

Keine effektive Aufsicht

Stichprobenartig meldeten die Verbraucherzentralen 16 auffällige Inkassounternehmen bei den zuständigen Aufsichtsbehörden. Diese haben in keinem Fall eigene Maßnahmen eingeleitet. In vier Fällen erklärten die Gerichte ausdrücklich, dass sie mangels gesetzlicher Grundlage nicht tätig werden können. „Es gibt durchaus geltende Gesetze. Die Aufsichtsbehörden setzen sie schlichtweg nicht um.“ Auch bei ausländischen Unternehmen, etwa mit Sitz in der Tschechischen Republik oder Konten in Rumänien findet keine Kontrolle statt. „Hier ist die Zuständigkeit tatsächlich unklar mit dem Ergebnis, dass auch nichts unternommen wird“, so Tietz.

Regelungslücken schließen

Vor rund einem Jahr, am 1. November 2014, traten die neuen Regelungen für Inkassounternehmen im Rahmen des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft. Hierfür hatten sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen stark gemacht. Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Gesetz positive Wirkung entfaltet, es gibt aber weiterhin politischen Handlungsbedarf. Das heute veröffentlichte Positionspapier des vzbv nennt wichtige Maßnahmen: So sollte etwa ein verbindliches Muster für die Darstellung der Pflichtinformationen eingeführt werden, damit Verbraucher einfacher prüfen können, ob die behauptete Forderung berechtigt ist. Gefordert wird zudem, die Aufsicht über Inkassounternehmen stärker zu bündeln. Darüber hinaus sollte die Höhe von Inkassokosten verbindlich geregelt werden, um willkürliche und überhöhte Gebührenforderungen der Inkassounternehmen zu verhindern.

Verbraucher, die Probleme mit Inkassoforderungen haben, finden Informationen und Hilfe direkt bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern oder im Internet unter www.nvzmv.de.

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