Schwerin – Für viele Schwerinerinnen und Schweriner ist das Grüne Tal ein Ort der Erholung. Bei einem Spaziergang durch die schöne Parkanlage ist aber den wenigsten bewusst, dass sich hier seit 75 Jahren eine Kriegsgräberstätte befindet. Um an dieses traurige Kapitel zu erinnern und der Opfer des damals nahegelegenen Lagers Stalag II E zu gedenken, lud der Eigenbetrieb SDS – Stadtwirtschaftliche Dienstleistungen Schwerin am 12. November zur Enthüllung einer neuen Gedenktafel ein, die mit Hilfe von Spendengeldern aufgestellt wurde. Zu diesem Anlass kamen neben Stadtpolitikerinnen und Stadtpolitikern auch eine Gruppe aus der Botschaft der Russischen Föderation, die Pastorin für Flüchtlingsarbeit im Kirchenkreis und der Volksbund Deutscher Kriegsgräber ins Grüne Tal.
Am Rande des heutigen Großen Dreeschs, zwischen Crivitzer Chaussee und Grünem Tal lebten zwischen 1941 und 1945 rund 15.000 Kriegsgefangene in menschenunwürdigen Zuständen. Viele der Insassen des Stammlagers (Stalag) II E starben – vor Hunger, vor Kälte oder durch Hinrichtung. Im benachbarten heutigen Grünen Tal entstand ein Lagerfriedhof für die Hunderten von Toten. Um die Gräber kümmerte sich jahrelang niemand. Erst 1961 nahm das damalige Ministerium für Staatssicherheit der DDR die Ermittlungen auf.
550 Skelette von überwiegend sowjetischen, zum Teil auch französischen, polnischen und serbischen Kriegsgefangenen wurden bei den Exhumierungsarbeiten freigelegt und gerichtsmedizinisch untersucht. Die Zahl der tatsächlichen Toten wird auf weit mehr – an die 1.000 – geschätzt. Noch im selben Jahr erhielt das Grüne Tal einen Gedenkstein zu Ehren der Opfer des Stammlagers. Zwei Mahnmale des Künstlers Wieland Schmiedel kamen in den folgenden Jahren hinzu und sind noch heute zu sehen. 1982 wurde die Parkanlage umbenannt in Mahn- und Gedenkstätte „Grünes Tal”.
Mit der neuen Gedenktafel wird dieser Teil Schweriner Geschichte für alle Besucher des Grünen Tals dargestellt und in unmittelbarer Nähe der Massengräber platziert. „Wir haben die Gedenktafel zusätzlich mit einem QR-Code versehen. Darüber erhalten Interessierte alle Informationen und Hintergründe zu der Gedenkstätte Grünes Tal und zu weiteren Kriegsgräbern in Schwerin sowie weitergehende Literaturhinweise”, ergänzt Ilka Wilczek, Werkleiterin des SDS, denn das Grüne Tal ist nicht die einzige Gedenkstätte der Stadt.
„Schwerin gehört nach der Kriegsgräberstätte in Golm und der Stadt Neubrandenburg zu den Orten in Mecklenburg-Vorpommern, an denen die meisten Kriegstoten begraben sind. Es ist wichtig, das Andenken an diese Menschen zu bewahren. Dieser Verpflichtung kommt die Stadt mit der Pflege und Wiederherstellung von Kriegsgräbern nach und mit Nachforschungen in den eigenen Archiven, um Lücken in der Geschichte der Schweriner Kriegsgräberstätten zu schließen“, so Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier bei der Einweihung am 12. November.
„Wir möchten uns bei allen Beteiligten bedanken. Solche Initiativen bilden eine Brücke zwischen Deutschland und Russland. Sie können die Vergangenheit zwar nicht auslöschen, aber sie zeigen den Triumph der Menschlichkeit”, so Olga Titkova von der Botschaft der Russischen Föderation und legte einen Gedenkkranz an der neuen Tafel nieder.