Schwerin – Zuhause ist es doch am schönsten. Das Sprichwort passt wohl auch zu Jürgen Brähmer. Der WBA-Weltmeister im Halbschwergewicht hat seinen Titel in der Schweriner Sport- und Kongresshallte erfolgreich nach Punkten verteidigt.
"Jürgen wird von Kampf zu Kampf besser. Er kennt mittlerweile seine Stärken und Schwächen und lässt seine Leistungen fast einfach aussehen", lobte Promoter Kalle Sauerland seinen Schützling.
Brähmer diktierte das Duell gegen Roberto Feliciano Bolonti vor rund 3800 Zuschauern von Beginn an, ohne ein Feuerwerk abzubrennen. Das war aber auch gar nicht nötig, denn der Argentinier versteckte sich gerade zu Beginn hinter seiner Deckung, wich immer wieder zurück und fand bei seinen wenigen Schlagversuchen nur selten die richtige Distanz.
Die Folge: Brähmer, eigentlich der geborene Konterboxer, musste zwangsweise den Kampf machen und versuchte seinerseits Akzente zu setzen. Das gelang dem Lokalmatador vor allem mit seinem Jab, den er präzise im Ziel unterbringen konnte.
Erst in der fünften Runde wurde Bolonti etwas aktiver und konnte insbesondere in der Halbdistanz bzw. im In-Fight punkten. Das lag allerdings auch daran, dass es Brähmer in diesen Momenten mit der Brechstange versuchte, was in der Rundenpause sofort von Trainer Karsen Röwer moniert wurde.
Mehr als dieses kleine argentinische Strohfeuer gelang der Bestie, wie Bolonti in seinem Heimatland genannt wird, aber nicht. Brähmer besann sich im Anschluss wieder auf seine Stärken und dominierte aus der Distanz heraus den Fight.
Zu allem Überfluss kassierte Bolonti, dessen Nase nach einem harten Treffer zu bluten begonnen hatte, in der achten Runde auch noch einen Punktabzug auf Grund eines Kopfstoßes. Es war wohl das letzte Signal an das Publikum, dass der Party in Schwerin nichts mehr im Weg stehen sollte.
Brähmer konnte es sich in der Schlussphase gegen einen immer harmloseren Bolonti sogar leisten, Verschnaufpausen einzulegen sowie kurz vor der zehnten Runde einen kleinen Gruß ins Publikum zu schicken.
Zwar setzte der ehemalige Gefängniswärter aus Buenos Aires in der Schlussrunde noch mal alles auf eine Karte. Der offene Schlagabtausch in den letzten drei Minuten, bei dem beide Boxer Treffer landeten, änderte aber nichts mehr an Brähmers 44. Sieg im 46. Kampf seiner Karriere.
"Ich habe es am Ende noch mal spannend gemacht. Aber es gab nie ein Risiko", so der 35-Jährige, dessen Taktik aufging: "Wir haben die Marschroute voll durchgezogen. Wir wollten keine Gefahr aufkommen lassen."
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung steht jetzt erst mal Brähmers zweite große Leidenschaft im Fokus: die Fußball-WM in Brasilien. Trotzdem blickte Kalle Sauerland bei der Pressekonferenz nach der Box-Nacht von Schwerin bereits auf einen möglichen Traumkampf gegen Bernard Hopkins voraus: "Die Verhandlungen mit Hopkins sind angelaufen, wurden aber unterbrochen, weil Golden-Boy-Geschäftsführer Richard Schaefer zurückgetreten ist. Wir sind dennoch zuversichtlich." Auf Brähmer könnte also bald ein ganz großes Highlight warten – egal ob in Schwerin oder den USA.