Parchim – Wer morgens früh um halb neun eine Disco betritt und allen Ernstes zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, der muss schon etwas Besonderes vorhaben. Cynthia Mohr und Patrizia Pöpke haben etwas Besonderes vor: Sie wollen bei ihrer Berufsorientierung weiter vorankommen. Die Berufs- und Studienorientierungsmesse „future in the dancefloor“ bietet ihnen wie auch weiteren knapp 1.000 Jugendlichen dazu ein optimales Umfeld. Ein Messerundgang.
Dichtes Gedränge vor dem „Flame“ in Parchim. Neunt- und Zehntklässler der Regionalen Schule Marnitz haben sich früh auf den Weg in die Kreisstadt gemacht. Auf dem Unterrichtsplan für diesen Tag steht „Berufsorientierung in der Disco“. „Das ist schon toll hier. Vor allem gibt es viel Platz, so dass wirklich eine Menge Unternehmen da sind“, sagt Patrizia. Für die 15-Jährige ist dieser Messebesuch eine Premiere. Eine anstrengende, denn bei 68 Ausstellern genau jene zu finden, die sie mit ihren Fragen löchern will, erweist sich als anstrengend. Freundin Cynthia verschafft sich schneller den Überblick, die Zehntklässlerin war bereits im vergangenen Jahr bei „future on the dancefloor“. Und dann geht es los – systematisch. Die beiden Mädels haben nämlich einen Plan. „Ich will nach der Schule erst einmal aufs Fachgymnasium und anschließend als Au pair nach Neuseeland. Dann weiß ich hoffentlich genau, was ich werden will. Momentan bin ich noch unsicher. Deshalb möchte ich verschiedene Berufsbilder hinterfragen“, sagt Cynthia.
Station eins: Bühnen- und Kostümbildner. Interessant, aber nicht wirklich ein Volltreffer, merken die beiden Mädchen schnell und gehen weiter. Die Zeit ist begrenzt. Also Station zwei: Bundespolizei. Fragezettel raus. Chancen für Mädchen bei Einstellungsberater Marko Moderecker checken. Geht doch, sagt Patrizia, die sich überhaupt keinen klassischen Frauenberuf für sich vorstellen kann. Büro – nein danke, winkt sie ab und blickt schon mal in Richtung Bundeswehrstand. Dort herrscht mächtiger Andrang. „Ich habe zwei Berufswünsche“, gibt Patrizia plötzlich preis. „Schulsozialarbeiterin oder vielleicht auch Apothekerin…“
Und so ist Station drei ein Muss – denn die „ecolea“ bietet eine Ausbildung zum Sozialassistenten an. Und damit eine tolle Basis, um sich als Partner für Schüler zu qualifizieren. Fachbereichsleiterin Jana Pamperin macht keinen Hehl daraus, dass für diesen derzeit sehr gefragten Ausbildungsberuf ein guter Schulabschluss und einige Fähigkeiten mitzubringen sind. Kreativität, Offenheit, die Traute, auch den Mund aufzumachen und natürlich die Bereitschaft, eine Menge zu lernen – all das ist für Patrizia keine Hürde. Sie fragt weiter, deckt sich mit Infomaterial ein und ist, so scheint es, am Ende des Gespräches ein Stück dichter dran an ihrem Traumberuf.
Station vier ist das Berufsschulzentrum des Landkreises Ludwigslust-Parchim, wo sich Cynthia über den Arbeitsalltag eines Raumausstatters aufklären lässt. Azubis geben geduldig die gewünschten Auskünfte, tackern und nageln, um auch ganz praktisch zu zeigen, wie ein Möbelstück gepolstert wird.
Station fünf ist eine süße Versuchung. Doch die beiden Schülerinnen aus Marnitz widerstehen Lutschern, Bonbons und anderen Leckereien erst einmal. Sie interessiert vielmehr, was das Unternehmen „Sweetec“ als Arbeitgeber zu bieten hat, wohin der ganze Süßkram eigentlich geliefert wird und wer darüber entscheidet, wie das Bonbonpapier aussieht. Dann kommen Rosemarie Viereck und Nadine Mahnke hinzu. Die beiden Klassenlehrerinnen begleiten ihre Schüler nicht nur auf der Messe, sondern auch in der Schule und haben sich ebenfalls beim Rundgang neues Rüstzeug geholt. Doch jetzt blicken sie auf die Uhr: Zwei Stunden sind um. Zu wenig, finden Patrizia und Cynthia. So wird es nichts mehr mit einer Visite bei der Bundeswehr. „Das ist aber nicht so schlimm, weil wir von der Schule aus schon die Soldaten in Rostock-Laage besucht haben. Das war echt ein Knüller“, sagen die Mädchen und machen sich auf den Weg zum Bus. Zufrieden, weil sie unheimlich viel erfahren haben, Antwort auf ihre Fragen erhielten und sich gewappnet fühlen, um die Berufswahl anzugehen.
„future on the dancefloor“ fand in diesem Jahr bereits zum fünften Mal statt. Die vom Übergangsmanagement PARMA initiierte Berufs- und Studienorientierungsmesse wird im zweiten Jahr vom Parchimer Arbeitskreis SchuleWirtschaft veranstaltet. Unzählige Partner aus Unternehmen, der Handwerkskammer und der Bundesagentur für Arbeit stehen den ehrenamtlichen Organisatoren zur Seite, um Ausbildungschancen vor der Haustür zu präsentieren. Für zahlreiche Unternehmen der Region ein echter Gewinn, weiß die Arbeitskreisvorsitzende Martina Wulf. Als Geschäftsführerin des Stahlbauunternehmens D+W ist sie bestens mit der Situation vertraut, die Wirtschaft, aber eben auch Schüler vor Herausforderungen stellt. „Trotz zahlreicher Schwierigkeiten ist es gelungen, 19 Schulen für diese Messe zu begeistern und somit fast 1.000 Jugendliche und 68 Unternehmen zusammenzuführen.“ 127 Ausbildungsberufe und 23 Studienangebote, darunter 14 duale Studiengänge, wurden in diesem Jahr vorgestellt.