Schwerin – Zum Internationalen Tag des Bibers weisen der NABU und die Fachgruppe Biodiversitäts- und Biotopschutz an kleinen Fließgewässern/ Bibermanagement des NABU Greifswald auf die große Bedeutung des Bibers als Schlüsselart, aber auch die anhaltenden Konflikte mit Landnutzern hin. Biber gestalten und beeinflussen Lebensräume und machen diese auch für andere Tier- und Pflanzenarten nutzbar. Damit leisten sie unter anderem einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der biologischen Vielfalt, die nur in strukturreichen Lebensräumen möglich ist.
Immer wieder kommt es aber auch zu Konflikten, insbesondere dort, wo Mensch und Biber die gleichen Bereiche in der Nähe von Gewässern für sich beanspruchen. Was Landnutzer wie Landwirte und Waldbesitzer stört, ist ein Segen für die Natur: Vor allem durch Dammbau erschaffen Biber lokal reiche Gewässerdynamik, ihr saisonales Nutzen von Gehölzen als Nahrung schafft Totholz im Wasser und lichte Bereiche. Diese und weitere Faktoren steigern in der Regel den Artenreichtum bei Fischen, deren Anzahl und Produktivität. Dieselbe Tendenz ist bei Insekten, Weich- oder Krebstieren und anderen Lebewesen sowie Pflanzen zu beobachten. „Leider werden diese positiven Effekte in öffentlichen Diskussionen um den Biber kaum beachtet“, bedauert NABU-Vorstandsmitglied Wolfram Otto.
Mit der Fachgruppe Bibermanagement im NABU Greifswald hat er das Vorkommen des Bibers in der Ostvorpommerschen Waldlandschaft untersucht. Das Gebiet unterliegt als Natura-2000-Gebiet der FFH-Richtlinie und damit Europäischem Naturschutzrecht. Insgesamt betrug die Untersuchungsfläche 3.000 Hektar. „Insbesondere haben wir auch nach Eingriffen in Biberlebensräumen geschaut, die den Tieren schaden oder sie gar vertreiben“, so Otto. Dazu gehören sogenannte Krautungen im Gewässer, bei dem mit schwerem Gerät Pflanzen aus dem Wasser entfernt werden, sowie Dammeinrisse mit schweren Folgen für den Wasserstand in Feuchtgebieten.
„Insgesamt mussten wir bei der Winterkartierung 2020/2021 für alle FFH-Teilgebiete einen hohen Zerstörungsgrad feststellen. Dies widerspricht eklatant dem Schutzstatus, wie er nach europäischem Recht geboten ist.“ Im FFH-Gebiet waren demnach 30 Prozent der Gewässerlänge, immerhin 15 Kilometer, durch Krautungen zer- oder gestört. Auf den gesamten vernetzenden Gewässeranteil bezogen, der auch nicht-geschützte Bereiche umfasst, waren es gar 60 Prozent.
„Von den 17 bestehenden Biberrevieren konnten wir 2021 nur eines ohne massive Störung, zum Beispiel durch Dammeinriss, feststellen. Die Analyse aus diesem Jahr sieht nur sieben Prozent der Dämme, die eine ökologisch positive Wirkung entfalten können“, so Wolfram Otto weiter. “Aber gerade die Dämme haben eine so unglaublich wichtige Funktion für das Ökosystem. Insbesondere in Trockenjahren sind sie zentraler Faktor für den Landschaftswasserhaushalt, bedeutender als Niederschlag oder Temperatur!“
Häufig werden Biber für stehendes Wasser auf Feldern und im Wald verantwortlich gemacht. Jedoch sind mitunter auch die menschlichen Eingriffe nicht schuldlos an der Situation. „Durch das ständige Ausbaggern der Fließgewässer entwässern diese unnatürlich und in viel zu großer Tiefe. Wasser auf Wiesen oder Äckern steht in Winter und Herbst selbst dann, wenn die Gewässer nur eine Hand tief Wasser führen, jedoch zwei Meter tiefer als Wiesen- oder Ackerkante liegen“, so Otto. „Leider werden meist reflexartig Biber als Ursache benannt. Aber auch falsch dimensionierte Wegdurchlässe, kaputte Drainagen oder verdichtete Böden konnten wir als Verursacher ausmachen.“ Die Untersuchungen der NABU-Fachgruppe belegen einmal mehr, dass die Nutzung der Flächen nicht den Schutzzielen nach Natura-2000 entspricht. „Kaum lässt sich von konsequenter und gewollter Umsetzung des gesetzlich einzuhaltenden Schutzstatus sprechen. Ein Nachsteuern ist dringend nötig, im Denken und Handeln. Wie wir aus Mitteilungen aus anderen Teilen unseres Landes wissen, gilt dies auch für andere Biberreviere in Schutzgebieten Mecklenburg-Vorpommerns. Durch Dammeinrisse in über 80 Prozent aller Reviere bei uns wird die Erholung der Artenvielfalt verhindert, stattdessen beständig unproduktiv genagt, geschimpft, gestaut, verfolgt, gegraben und zerstört und frustriert. Der tatsächliche Nutzen von Biberrevieren in naturnahen Bachläufen steht durch die permanente Zerstörung und ökologische Entwertung der Biberdämme in keinerlei Verhältnis zu den immer drastischer werdenden Anfeindungen, den Kompromissen der Landnutzer, der Beschäftigung der Behörden und Ehrenamtlichen“, stellt Wolfram Otto fest.