Schwerin – Was kann man nur schenken? Dies fragten sich im Jahr 1978 die Verantwortlichen der Schweriner Stadtverwaltung als ein Besuch des Oberbürgermeisters Frank Grimm in Tallinn bevorstand.
Das Gastgeschenk sollte schließlich nicht nur einen Bezug zu Schwerin haben, sondern auch ein Zeugnis des volkskünstlerischen Schaffens in der Stadt ablegen. Elfriede Kostka, die damals im Rat der Stadt Schwerin, Abteilung Örtliche Versorgung arbeitete, wurde angesprochen und um Hilfe gebeten. Bereits mit 14 Jahren, im Jahr 1948, hatte sie ihren ersten Malkurs in der Schweriner Volkshochschule absolviert und sich seither stetig im Verfeinern und erlernen neuer künstlerischer Techniken erprobt. Auch heute ist Elfriede Kostka noch immer aktiv und besucht den Malkurs der Seniorenakademie.
Dem Wunsch nach einem großformatigen Aquarell lehnte die angefragte Laienkünstlerin ab, schlug aber einen Linoldruck vor. Dargestellt werden sollten markante Gebäude der alten und neuen Schweriner Wohnquartiere. Da die Tallinner Amtskollegen während ihres Besuches in Schwerin offenbar das Weinhaus Wöhler in guter Erinnerung behalten hatten, wünschten die Auftraggeber, dass das traditionsreiche Weinhaus ebenfalls abgebildet werden sollte
Ihren Namen durfte Elfriede Kostka allerdings nicht auf der von ihr geschaffenen Arbeit verewigen. „Das ging mir als Schaffende an meine Ehre. Anstelle dessen wurde ein Signum akzeptiert“, erinnert sich die Künstlerin. Ein kleines abstraktes Zeichen ihrer Initialen fügte sie schließlich doch ein, denn das Werk sollte nicht ohne Autor sein.
Die vereinbarte Größe des Linoldruckes überstieg alle bisherigen Arbeiten Kostkas und verlangte nicht nur Ideenreichtum für die Gestaltung, sondern auch Improvisations- und Organisationstalent. Papier organisierte Elfriede Kostka von der Druckerei der Schweriner Volkszeitung. Da ihr keine entsprechend große Druckpresse zur Verfügung stand war Handarbeit gefragt. „Der Linolabzug entstand als Handdruck. Dafür wurde nach Präpieren der Druckplatte das Papier darauf Stück für Stück mit gleichmäßigem Aufdrücken eines Silberlöffels abgerieben,“ erinnert sich Elfriede Kostka heute. Vier Drucke entstanden auf diese Weise. Einer wurde nach Tallin verschenkt, zwei Exemplare verblieben beim Rat der Stadt und schmückten zeitweise auch die Wände im Bereich des Oberbürgermeisters. Sie sind heute nicht mehr erhalten. Ein viertes Exemplar bewahrte die Künstlerin als Erinnerung auf.
Am 1. März 2022 übergab Elfriede Kostka diesen letzten Druck an Dirk Kretzschmar, Leiter des Kulturbüros der Landeshauptstadt. Er ist als Bereicherung für die stadtgeschichtliche Sammlung bestimmt und vielleicht auch „ein schönes Ausstellungsstück für das hoffentlich bald wieder entstehende Stadtgeschichtsmuseum“ wie Elfriede Kostka bei der Übergabe sagte. Dirk Kretzschmar freute sich sichtbar über diese Gabe und betonte „diese schöne Ansicht von Schwerin stellt nicht nur eine gelungene zeitgenössische Selbstsicht der Stadt dar, sondern ist zugleich ein interessantes kulturgeschichtliches Zeugnis der Stadtgeschichte“.