Schwerin – Im Zoologischen Garten Schwerin gibt es ein Sorgenkind: Wobei Braunbärin „Vica“ mit ihren 29 Jahren schon eine betagte Bärendame ist. Vor einigen Wochen stellte Tierpflegerin Nikolina Rupic fest, dass „Vica“ auf einer Körperseite ein Taubheitsgefühl entwickelt hat und vereinzelt an Ausfällen leidet. In einem medizinischen Check-Up für Großtiere sollte nun der Gesundheitszustand der Braunbärin näher untersucht werden. Dabei kann man mit einer 183 Kilogramm schweren Bärendame aber nicht einfach in eine Kleintierpraxis fahren. Für „Vica“ ging es deswegen zu Spezialisten nach Berlin in das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), welches für die Untersuchung und Behandlung von Großtieren ausgestattet ist.
In Vorbereitung auf den Termin wurde mit der Bärin ein Training unternommen, sodass „Vica“ bereits nach kurzer Zeit selbstständig die Transportkiste, die dem Zoo vom Bärenpark Müritz zur Verfügung gestellt wurde, betrat. „Eine solche Zusammenarbeit zwischen Zoos ist in der heutigen Zeit wichtig und zum Glück selbstverständlich.“, sagt die Zootierärztin Venna König, die den Bärentransport begleitete. Während der Fahrt wurde das Tier genau überwacht, wobei keinerlei Stress ausgemacht werden konnte. Im Gegenteil, mit Neugier und großem Interesse verfolgte „Vica“ dieses für sie einmalige Abenteuer. Nach einer dreistündigen Fahrt konnte das Zoo-Team „Vica“ in die Räumlichkeiten des IZW überführen. Es folgte eine komplette Untersuchung der Bärin, wofür sie in Narkose gelegt wurde. Neben dem CT mit Ganzkörperscan, einem sechsfachen Hirnscan mit Kontrastmittel und einem Check der Gelenke, wurden auch die Zähne genau betrachtet. In ihrer Jugend hat die in München geborene Braunbärin gerne süße Sachen gegessen. Dementsprechend sahen nun auch ihre vier Eckzähne aus, die umgehend gezogen wurden, um Zahnschmerzen zu vermeiden. Aber auch ohne Eckzähne kann sich ein Zoobär gut ernähren. „Für ihr Alter ist „Vica“ gut in Schuss.“ berichtet Tierärztin Venna König, „Kaum Arthrose und tolle Hüften. Das hatten wir so nicht erwartet.“ Bei der Taubheit und den Anfällen sind sich die Experten aus dem IZW einig: „Vica“ hatte im vergangenen Jahr einen Schlaganfall. Ihre Lebensqualität schränkt dieser Umstand kaum ein, da sie ihre körperlichen Ausfälle gut kompensiert.
Am selben Abend betrat die Braunbärin wieder ihren Stall im Schweriner Zoo und war am nächsten Tag wieder mit ihrer Schwester „Claudia“ vereint. Obwohl „Vica“ noch sehr lebhaft für einen alten Bären ist, bleibt sie in Zukunft von den Wölfen, die zusammen mit den Bären die Raubtieranlage bewohnen, getrennt. Diese spüren die Schwäche der Bärin und können eine Gefahr darstellen. „Den veränderten Ansprüchen im hohen Lebensalter unserer Tiere müssen wir natürlich Rechnung tragen und die gegenwärtige Haltung anpassen.“, erläutert Zoodirektor Dr. Tim Schikora. Das heißt, dass nun die Optionen auch unter Einbindung anderer Zoos geprüft werden. Also auch, dass eine der Arten – Braunbär oder Europäischer Wolf – temporär den Zoo verlassen könnte oder Individuen getauscht werden. So lassen sich Einschränkungen in der Lebensqualität für alle Beteiligten verhindern und ermöglichen das altersgerechte Wohnen für die Bärinnen.