Schwerin – Am 24. Mai verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig zum achten Mal Stolpersteine in Schwerin. Stolpersteine erinnern an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Sie werden jeweils vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Opfer in den Gehweg eingelassen. Die Inschrift beginnt jeweils mit den Worten „Hier wohnte…“ Neben drei Stolpersteinen für jüdische wird am Dienstag erstmals ein Stolperstein für homosexuelle Opfer des Nazi-Regimes verlegt.
Der Stein erinnert an Paul Junker erinnern, der bis 1938 Prokurist beim Kaufhaus Honig (heute Kressmann) war. Als schwuler Mann wurde Junker im Januar 1939 verhaftet. Am 26. Januar 1939 wurde er verurteilt (Verstoß gegen § 175 Strafgesetzbuch, Verbot Homosexueller Handlungen an und mit anderen) und kam daraufhin in die Strafanstalten Dreibergen / Bützow, wo er bereits am 29. Januar 1939 verstarb.
Außerdem wird in Schwerin erstmals eine Stolperschwelle verlegt, um an 290 Opfer des nationalsozialistischen Euthanasie-Programms zu erinnern, das auch vor Kindern keinen Halt machte. Die Stolperschwelle findet ihren Platz in auf dem Gehweg in der Wismarschen Straße 298e, dem damaligen Eingang zum Haus am Lewenberg, das heute von SOZIUS als Pflegeheim geführt wird.
Die die ehrenamtliche Stolperstein-Initiative in Schwerin nimmt die Verlegung zum Anlass, interessierte Schwerinerinnen und Schweriner und in der Medizin Beschäftigte am 24. Mai 2022 ab 17 Uhr zum Thema Euthanasie zu informieren. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der SOZIUS gGmbH im Gartencafè des Pflegeheims „Haus am Lewenberg“ statt. (Für die Teilnahme ist ein aktueller Corona-Schnelltest erforderlich.)
Bereits seit 2006 erinnern in Schwerin Stolpersteine an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Jedes Einzelschicksal wird mit wenigen Eckdaten auf einer 10 mal 10 Zentimeter großen Messingplatte dokumentiert. 82 Stolpersteine sind in der Landeshauptstadt seit 2006 verlegt worden – finanziert aus Spenden von Bürgerinnen und Bürgern, denen es wichtig ist, dass Geschichte lebendig bleibt.
„Auf dieses Geschenk der Einwohnerinnen und Einwohner an unsere Stadt ist Schwerin sehr stolz. Unsere Stadt unterstützt seit Anbeginn die Arbeit der Stolperstein-Initiative um Sabine Klemm. Unser Stadtarchiv betreibt beispielsweise die Nachforschungen, die nötig sind, um die Einzelschicksale zu dokumentieren. Dass die Zahl der Euthanasie-Opfer in der Schweriner Kinder-Psychiatrie so groß war, dass es sogar einer Stolperschwelle bedarf, ist ein sehr düsteres Kapitel unserer Stadtgeschichte“, sagt Oberbürgermeister Rico Badenschier. Er ist am Dienstag um 13.30 Uhr bei der Verlegung des Stolpersteins in der Schlossstraße 17 dabei und nimmt am Abend an der Informationsveranstaltung zum Thema „Euthanasie in Schwerin“ teil.
Das größte dezentrale Mahnmal der Welt
Ins Leben gerufen wurde das europaweite Erinnerungsprojekt „Stolpersteine“ von dem Kölner Aktionskünstler Gunter Demnig. Inzwischen liegen die Stolpersteine in 1265 Orten Deutschlands und in 24 Ländern Europas. Mit rund 75.000 Stolpersteinen ist das 1996 gestartete Projekt das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Dabei war es Demnig von Anfang an wichtig, dass seine Stolpersteine nicht nur für bestimmte Opfergruppen stehen, sondern gleichermaßen an Juden und Christen, Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschafter, Opfer von Euthanasie oder Denunziation erinnern.
Interessierte sind herzlich eingeladen, an der Verlegung teilzunehmen:
- 11.30 Uhr Wismarsche Straße 298e, Verlegung der Stolperschwelle für die Euthanasie-Opfer.
- 12.15 Uhr Robert-Koch-Straße 8, Verlegung eines Stolpersteins für Richard Brandt, der in Auschwitz ermordet wurde.
- 12.50 Uhr Großer Moor 7, Verlegung von zwei Stolpersteinen für Kallmann Nadel und Idessa Nadel, ebenfalls jüdische Opfer.
- 13.30 Uhr Schlossstraße 17, Verlegung eines Stolpersteins für Paul Eduard Junker, aufgrund seiner Homosexualität nach § 175 verurteilt und im Gefängnis verstorben.
Ein „Stolperstein“ kostet 120 Euro, die Stolperschwelle ca. 1.600 Euro. Sie werden über Spenden finanziert. Wer spenden möchte, gibt im Verwendungszweck bitte seine Adresse an, wenn er eine Spendenbescheinigung erhalten möchte:
Spendenkonto
Betreff: Stolpersteine
Kreditinstitut: VR Bank Mecklenburg eG
Kontoinhaber: KISS e.V.
IBAN: DE23 1406 1308 0200 0273 32
BIC: GENODEF1GUE
Weitere Informationen bei Sabine Klemm, c/o KISS 0385 39 24 333 oder info@kiss-sn.de