Schwerin – Der alte Brauch wird in diesem Jahr ohne den Mittelaltermarkt gefeiert. Auf den traditionellen Wein-Ausschank müssen die Schwerinerinnen und Schweriner trotzdem nicht verzichten – ebenso wenig wie auf den großen Laternenumzug durch die Altstadt, der in diesem Jahr bereits am 6.11. stattfindet.
Seit dem Mittelalter liefert der Martensmann als Zeichen guter Nachbarschaft jährlich ein Fass Wein aus der Hansestadt Lübeck an die Herzöge von Mecklenburg in Schwerin. Der alte Brauch, der seit 2020 zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO zählt, wird in diesem Jahr zwar ohne Markttreiben, aber mit den dazugehörigen beliebten Ritualen gefeiert. Dazu macht sich der Lübecker Martensmann alias Stefan Pagel am Sonntag, 7. November, auf den Weg nach Schwerin. Wie schon damals hat er Rotspon, in Fässern gereiften Rotwein, im Gepäck. Begleitet wird er von dem Stadtpräsidenten der Hansestadt.
Um 14 Uhr werden die beiden Herren auf dem Altstädtischen Marktplatz vor dem Rathaus von Sebastian Ehlers, dem Schweriner Stadtpräsidenten, empfangen. Es folgt das rituelle Streitgespräch zwischen ihm und dem Martensmann darüber, ob es sich bei dem Weingeschenk um ein freiwilliges oder eine Pflichtabgabe handele. Die kanonhaft gewechselten Worte sind sowohl in den Akten der Hansestadt Lübeck als auch in den Unterlagen des Landeshauptarchivs Schwerin über Jahrhunderte hindurch zu finden.
Traditioneller Ausschank des Lübecker Rotspon
Nach dem Streitgespräch verschwindet der „Rotspon“, anders als damals, nicht im Weinkeller des Herzogs, sondern wird – ganz demokratisch! – an die Besucherinnen und Besucher verteilt. Den ungewöhnlichen Namen erhielt der mitgebrachte Tropfen von Lübecker Kaufleuten, die das edle Getränk im Mittelalter aus Frankreich importierten und ihn in den eigenen Kellern reifen ließen. „Spon“ ist das niederdeutsche Wort für Holzspan, „Rotspon“ meint also Rotwein aus Holzfässern. Zuschauende Kinder können sich auf Süßigkeiten freuen, die der Martensmann – übrigens auch dem Brauch zufolge – verteilt. Nur waren es früher Pfennige für die Stadtarmen und Handwerkslehrlinge, die der Martensmann aus seiner Kutsche warf und um die damals, ähnlich wie heute um die Bonbons, eine große Balgerei entstand.
Martensmann als Immaterielles Kulturerbe
Der Brauch des Martenmannes ist seit März 2020 von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt. Er sei „ein Symbol für die lebendige Bürgergesellschaft“, so die UNSECO-Kommission. „Die Wiederaufnahme im Jahr 1991 und das Interesse der Bevölkerung in der wiedervereinigten Region zeigen die Bedeutung des Martensmanns als historische und zeitgenössische Identifikationsfigur.“
Seit 1520 belegen Urkunden die Lieferung eines Fass Weins von Lübeck nach Schwerin durch den Martensmann. Ein Dankesschreiben des Grafen von Schwerin weist sogar auf das Jahr 1330 hin. Der historische Ursprung des Brauches ist allerdings verloren gegangen und 1817 einigten sich die Stadt Lübeck und die mecklenburgischen Herzöge darauf, die Lieferung einzustellen. Nach der deutschen Wiedervereinigung suchten Bürgerinnen und Bürger nach historisch-kulturellen Gemeinsamkeiten der geteilten Region und fanden sie in dem Martensmann.
Laternenumzug bereits am 6.11.
Bereits am Vorabend der Ankunft des Lübecker Martensmannes, am Sonnabend, 6. November, um 17.30 Uhr, sind alle Kinder eingeladen, beim großen Laternenumzug durch die Schweriner Innenstadt dabei zu sein. Der Umzug startet auf dem Marktplatz und wird traditionell vom Verein Schweriner Spielleute 1990 e.V. musikalisch begleitet.