Schwerin – Der Zoo Schwerin steht vor einem Richtungswechsel, um sich als Natur- und Artenschutzzentrum für die Zukunft zu rüsten. Zoodirektor Dr. Tim Schikora stellt die neue Zookonzeption unter dem Titel „Rahmenplan 2024 – Der Zoo für die nächste Generation“ am Dienstagabend im Hauptausschuss der Stadtvertretung vor. Der Plan zeichnet den Weg vom klassischen Tierpark zu einem zukunftsweisenden Naturschutzzentrum vor. Nach den Ausschussberatungen soll der Rahmenplan im Mai in der Stadtvertretung behandelt werden.
„Zoos übernehmen heute eine wichtige Rolle im internationalen Artenschutz. Mit dem Rahmenplan 2024 stellt unser Zoo seine Verantwortung als Akteur im regionalen bis globalen Artenschutz in den Mittelpunkt“, beschreibt Oberbürgermeister Rico Badenschier den richtungsweisenden Plan, mit dem die Rolle von Zoologischen Gärten insgesamt hinterfragt und neu definiert wird: „Wir haben uns gefragt, wofür ein Zoo künftig stehen muss, damit auch die nächste Generation diese Einrichtung versteht, akzeptiert und anerkennt“, sagt Dr. Tim Schikora. „Daraus ist das neue Leitmotiv entstanden: Der Schweriner Zoo soll künftig als Modell und nachahmenswertes Beispiel für Zoos im Artenschutz fungieren. Dieser Prämisse sollen alle künftigen Investitionen, die Bildungsangebote und Kooperationen folgen.“
See-Eingang am Franzosenweg und ZooCampus für Infrastruktur und Bildung
Auf jeden Fall werden davon auch die Zoogäste profitieren, denn mit dieser Neuausrichtung geht auch eine Stärkung der Attraktivität und Aufenthaltsdauer sowie des wirtschaftlichen Betriebs einher: Das für die Zoogäste begehbare Areal soll sich um etwa 15 Prozent vergrößern, die Wegeführung thematisch geleitet und auf den Hauptwegen barrierefrei werden, der Zoo mehr Übernachtungsmöglichkeiten und einen See-Eingang am Franzosenweg bekommen, auch um Seeverbindungen zur Insel Kaninchenwerder und zum Freilichtmuseum-Mueß herzustellen.
Der Wirtschaftshof und die Verwaltung sollen auf einen ZooCampus im Westen des Areals umziehen. Im Campus wird dann nicht nur das infrastrukturelle Herz des Zoos schlagen. Auch Bildungs-, Begegnungs- und Artenschutzeinrichtungen werden hier zentral verortet. Der Blick hinter die Kulissen ist dabei Programm: Veterinärstation, Futtermeisterei, Werkstätten, Zoogärtnerei sind dann auch für die Zoogäste einsehbar.
Bewaldetes Refugium für Menschenaffen und Baumwipfelpfad
Auf der bewaldeten Anhöhe, wo derzeit noch die alten Wirtschaftsgebäude stehen, wird mit dem Umzug Platz für ein neues „Refugium“ geschaffen. In diesem Schutzraum werden Tiere leben, die als letzte ihrer Art auf die Haltung in Zoos angewiesen sind. So könnten Menschenaffen künftig in einer der größten Orang-Utan-Anlagen der Welt zusammen mit asiatischen Huftieren und Kappengibbons im echten Waldbestand beobachtet werden. Das soll dann sogar auf Augenhöhe möglich sein: Die Idee ist, als äußere Begrenzung des „Refugiums“ einen Baumwipfelpfad zu errichten, der neben dem Blick in die Außen- und Schaugehege auch traumhafte Aussichten zum Schweriner See und zur Insel Kaninchenwerder eröffnet. Das Zentrum der Anlage wird eine Tropenhalle bilden, die ebenfalls über den Baumwipfelpfad erreichbar ist.
Steg durch die Wasservogelanlage und Gehege für Großtrappen
Die vorhandene Wasservogelanlage des Zoos ist indes bestens geeignet, um den Schutz heimischer Arten und Lebensräume zu thematisieren und Kooperationen mit lokalen Naturschutzpartnern zu präsentieren: Durch die drei Hektar große Teichanlage soll ein 150 Meter langer Steg mit Beobachtungshütten errichtet werden und in der Feuchtwiesenlandschaft ein weitläufiges Gehege für Großtrappen sowie Zuchtanlagen für Europäische Nerze und Feldhamster entstehen. Das bestehende Biotop und Landschaftspanorama bleiben dabei vollständig erhalten.
Der Rahmenplan 2024 gliedert den Zoo in insgesamt acht Themenzonen, die die verschiedenen Aspekte des Artenschutzes beleuchten. Die meisten Themenzonen sind auf bereits zugänglichen Flächen geplant und umfassen Neubauten, Umbauten bzw. Umnutzungen. Bereits bestehende Anlagen wie das 2021 eröffnete „Rote Liste Zentrum“ sind integraler Bestandteil des Konzepts. Mit einem weiteren Neubau für die Giraffen und Breitmaulnashörner soll den bedrohten Arten der „Roten Liste“ das „Grüne Liste Forum“ gegenübergestellt werden, das die bereits erreichten Erfolge beim Artenschutz thematisiert. Jede der acht Zonen beleuchtet eine andere Funktion, wie Zoos als Schutzräume und Partner im globalen Artenschutz fungieren können. Arten, deren Überleben ohne das Engagement moderner Zoos kaum möglich wäre, stehen dabei im Mittelpunkt.
„Wir haben unseren Zoo in den letzten Jahren gut herausgeputzt und die Besucherzahlen in sieben Jahren um 25 Prozent gesteigert, stehen jetzt aber vor grundsätzlichen Entscheidungen: Einige der heute alten Zooanlagen sind nicht mehr zeitgemäß, andere, wie auch die innere Infrastruktur, sind marode. Wir müssen in Größenordnungen investieren. Dafür braucht es einen guten Plan. Dafür braucht es den Rückhalt bei den Schwerinerinnen und Schwerinern und den Zuspruch von Geldgebern bei Kommune, Land und Bund“, sagt Zoodirektor Dr. Tim Schikora.
Und wie geht es weiter? „Als nächstes wird eine Machbarkeitsstudie die finanzielle und logistische Umsetzbarkeit und den Zeithorizont des Rahmenplans analysieren“, so Oberbürgermeister Rico Badenschier.