Schwerin – Am Freitag, den 13. September, wurde im Zoo Schwerin ein Giraffenkalb geboren, das nach einer 14-monatigen Trächtigkeit zur Welt kam. Die Freude über den Nachwuchs währte jedoch nur kurz, da die Giraffenkuh „Daisy“ sofort die Annahme des Kalbs verweigerte. Um das Jungtier zu versorgen, griffen die Tierpfleger auf vorbereitete Milchersatzprodukte zurück.
Bereits am folgenden Tag traten jedoch Auffälligkeiten im Bewegungsapparat des Kalbs auf. Nach eingehender medizinischer Untersuchung und in Absprache mit Experten wurde am zehnten Tag nach der Geburt die Entscheidung getroffen, das Tier einzuschläfern. „Das sind die traurigen Momente, die genauso zu unserer Arbeit gehören wie die freudigen Bilder aus den benachbarten Arealen“, erklärte Zoodirektor Dr. Tim Schikora.
Der Geburtsvorgang war pünktlich zum Dienstbeginn abgeschlossen, doch es fiel sofort auf, dass zwischen „Daisy“ und ihrem Neugeborenen keine Bindung entstand. Für einen gesunden Start ins Leben ist es entscheidend, dass das Muttertier das Jungtier umgehend versorgt und animiert, sich zu bewegen. Videoaufnahmen zeigten jedoch, dass „Daisy“ ihr Kalb von Anfang an ignorierte und beim Trinkversuch sogar abwehrte.
Nach mehreren Stunden ohne mütterliche Versorgung entschieden die Tierpfleger, dem Jungtier beim Aufstehen zu helfen. Der kleine Bulle zeigte sich wackelig und orientierte sich vergeblich an seiner Mutter. Dr. Schikora erläuterte: „Erstgeburten sind immer mit vielen Risiken behaftet. Daher hatten wir alle notwendigen Materialien zur Ersatzfütterung bereitgestellt.“
Leider zeigten sich bereits am Folgetag Störungen im Bewegungsapparat des Kalbs, was durch Fehlhaltungen der Vorderläufe und eine stelzenartige Bewegung deutlich wurde. Trotz fortgesetzter Zufütterung und tierärztlicher Betreuung verbesserte sich der Zustand des Tieres nicht. Eine Kontrolle am Montagmorgen offenbarte eine verstärkte Störung im Bewegungsablauf sowie erhebliche Schwierigkeiten beim Ablegen und Aufstehen.
In Übereinstimmung mit der Amtstierärztin und dem Zootierarzt wurde schließlich beschlossen, das Tier aufgrund der negativen Prognose und der massiven Einschränkung seiner Lebensqualität einzuschläfern. „Diese Entscheidung fällt niemandem leicht, aber sie ist im Sinne des Tieres notwendig“, betonte Dr. Schikora.
Der Körper des Giraffenbabys wurde an die Raubtiere des Zoos verfüttert – eine gängige Praxis in Schwerin zur nachhaltigen Selbstversorgung und zur Gewährleistung einer gesunden Tierpopulation. Die betroffenen Gliedmaßen wurden für weitere Untersuchungen an das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin geschickt.
Neben „Daisy“ leben ihre Halbschwester „Kaluha“ und der Giraffenbulle „Madiba“ im Zoo Schwerin. Alle drei Tiere gehören zur Unterart der Rothschild-Giraffen und sind Teil des europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) des Europäischen Zoo- und Aquarienverbands (EAZA), das derzeit etwa 400 Tiere dieser Unterart in über 100 Zoos koordiniert.