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Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Rostock und Schwerin legen Verfassungsbeschwerde ein

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Schwerin – Müssen die Kommunen Mehrkosten in Millionenhöhe, die durch die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) entstehen, allein schultern, weil sie Träger der Jugendhilfe sind? Damit beschäftigten sich gestern (31. August) das Landesverfassungsgericht in Greifswald. Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und die Landeshauptstadt Schwerin haben Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie beklagen damit die Verletzung des Konnexitätsprinzips nach Art. 72 Abs. 3 Landesverfassung, wonach den Kommunen durch zusätzliche Aufgaben entstehende Mehrkosten ersetzt werden sollen. Denn die Finanzierung der KJSG-Leistungen ist weder auf Bundes- noch auf Landesebene geregelt.

Das von der Bundesregierung beschlossene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) hat das Ziel, vor allem denjenigen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen zu stärken, die besonderen Unterstützungsbedarf haben. So werden bereits bestehende Rechtsansprüche in der Kinder- und Jugendhilfe erheblich ausgeweitet. Es verbessert die Teilhabe insbesondere benachteiligter junger Menschen und bündelt diese zukünftig an einer Stelle. So sollen ab 2024 u.a. so genannte Verfahrenslotsen eingesetzt werden, die lokal aus den jeweiligen örtlichen Jugendämtern heraus agieren: Eine gute Idee für alle Betroffenen, für die sich durch die kommunale „Gesamtzuständigkeit“ Verfahren vereinfachen sollen. Doch wer soll die zusätzlichen Aufgaben bezahlen, die nun den Gemeinden und Kreisen zufällt? Normalerweise regeln das die Bundesländer in Ausführungsgesetzen, denn der Bund kann nach der Förderalismusreform 2006 keine Aufgaben direkt an die Kommunen übertragen. 

Die Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Landesjugendhilfeorganisationsgesetz Mecklenburg-Vorpommern bereits seit vielen Jahren den kreisfreien Städten und Landkreisen als öffentliche Träger der Jugendhilfe zugewiesen, nachdem mit dem 8. Sozialgesetzbuch diese Verantwortung den Ländern zugeordnet ist. Da auch das Land Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat dem KJSG zugestimmt hat, ist auch dem Land klar, dass auf die Träger der Jugendhilfe zusätzliche Aufgaben zukommen.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat, anders als andere Bundesländer, jedoch kein Ausführungsgesetz zum KJSG erlassen. Kein Landesgesetz bedeutet auch kein Geld für die Kommunen. Deshalb ziehen mit Schwerin und Rostock die beiden kreisfreien Städte vor das Landesverfassungsgericht in Greifswald. Denn die Kosten für die Umsetzung des neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes gehen in die Millionen: „Wir rechnen mit 8,8 Mio. Euro zusätzlich pro Jahr für das Personal und die Qualifizierung sowie die Umsetzung der erweiterten Aufgaben und qualitativen Standarderhöhungen“, so Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier, „Die Kommunen sind bei der Umsetzung des KJSG finanziell unzureichend ausgestattet. Andere Bundesländer – z.B. Schleswig-Holstein – haben der kommunalen Ebene finanzielle Unterstützung zugesagt. MV hat dies nicht getan.

„Wir sind der Auffassung, dass der Landesgesetzgeber in diesem Zusammenhang eine Regelung für den finanziellen Ausgleich hätte schaffen müssen.  Müssten wir die erheblichen Mehrausgaben stattdessen alleine schultern, würde dieses Geld an anderer Stelle für andere wichtige Aufgaben fehlen“, befürchtet Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger.

Das kommunalverfassungsrechtlich gesicherte strikte Konnexitätsprinzip besagt, dass das Land für den Fall einer Aufgabenübertragung an die Kommune, die zu einer Mehrbelastung führt, eine Regelung zu einem finanziellen Ausgleich schaffen muss . So können die kreisfreien Städte und Landkreise zwar durch Gesetz zur Erfüllung bestimmter Aufgaben durch das Land verpflichtet werden, aber nur, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Dies gilt nach Auffassung der kreisfreien Städte auch für bundesrechtliche Änderungen und Standarderhöhungen, deren Aufgabenerfüllung landesrechtlich bereits der kommunalen Ebene zugewiesen ist.

Rostocks Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Steffen Bockhahn ergänzt: „Das Land darf sich nicht seiner Aufgabe entziehen. Wenn es das tut, dann auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen!“

Die Landesregierung sieht sich hier jedoch nicht in der Pflicht, da die Änderungen im Kinder- und Jugendhilferecht durch den Bundesgesetzgeber erfolgten. Eine gesonderte Aufgabenübertragung auf Landesebene gibt es nicht. Und damit kommen aus Landessicht auch das Konnexitätsprinzip und damit die Finanzierungsverpflichtung nicht zum Tragen.

Zugleich ist Kommunalverfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben worden. Streitgegenstand hier ist die Frage, ob mit den bundesgesetzlichen Änderungen in der Kinder- und Jugendhilfe ein Verstoß gegen das Aufgabenübertragungsverbot des Bundes an die kommunale Ebene verbunden ist. Eine Entscheidung ist nach Angaben des Landesverfassungsgerichtes am Donnerstag noch nicht zu erwarten. Hierzu wird ein gesonderter Verkündigungstermin bekanntgegeben.

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