Kirchheimbolanden (ots) – Am 18.03.2016 wird der Bundesrat über einen Antrag des Landes Hessen abstimmen, der ein Verbot der Haltung bestimmter Wildtierarten im Zirkus zum Ziel hat. Nach Überzeugung des Aktionsbündnisses "Tiere gehören zum Circus" reichen die Ausführungen der Antragssteller bei weitem nicht aus, um einen so schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit stichhaltig zu begründen. Insbesondere bleibt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aus dem Jahre 2015 unberücksichtigt, nach dem es keine Belege dafür gibt, dass das Wohl der Wildtiere im Zirkus prinzipiell, also nicht nur in Einzelfällen beeinträchtigt ist. Des weiteren finden die gesamte wissenschaftliche Literatur und alle Studien zum Thema "Zirkustiere" im hessischen Antrag keine Erwähnung.
Dies ist um so brisanter, als fast alle Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine tiergerechte Haltung von Wildtieren im Zirkus durchaus möglich ist und in den meisten Unternehmen auch praktiziert wird. Das Training in der Manege habe eine stimulierende Wirkung auf die Tiere und fördere somit deren körperliche und geistige Fitness.
Die Forschungsarbeiten und Statements der Biologen reichen von den 60er Jahren bis in die Gegenwart. Aus den zahlreichen Beispielen seien die folgenden herausgegriffen:
Ende der 80er Jahre untersuchte die britische Verhaltensforscherin Dr. Marthe Kiley-Worthington im Auftrag von zwei Tierschutz-Organisationen (!) die physische und psychische Gesundheit von Zirkustieren (über 3000 Beobachtungsstunden in 15 Zirkussen). Sie kam u. a. zu dem Ergebnis, dass fast alle Zirkustiere während des Reisebetriebs eine gute Verfassung aufweisen.
Weiter stellt Kiley-Worthington fest, dass der im Zirkus übliche enge Tier-Mensch-Kontakt das Leben der Tiere bereichere. Außerdem setze ein solcher Kontakt einen bestimmten Umgang mit dem Tier voraus; denn durch Grausamkeiten ängstlich oder unberechenbar gemachte Tiere seien für eine enge Zusammenarbeit mit dem Menschen nicht geeignet.
Im Jahre 2007 ergab eine umfangreiche Untersuchung, die vom britischen Parlament in Auftrag gegeben wurde, dass es den Tieren, auch den Wildtieren, in einem gut geführten Circus nicht besser und nicht schlechter geht als ihren Artgenossen in Zoos, Safariparks oder Wildgehegen.
Der Freiburger Verhaltensforscher Dr. Immanuel Birmelin untersuchte vor ein paar Jahren die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel von Zirkustieren und fand dabei Folgendes heraus:
Die Cortisol-Konzentrationen bei Löwen und Elefanten sind während der Transporte nicht höher als während der Gastspiele. Außerdem haben Löwen im Zirkus keinen höheren Cortisol-Spiegel als ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Diese Ergebnisse legen die Annahme nahe, dass Löwen und Elefanten durch die Transporte nicht gestresst werden und dass Löwen unter den Lebensbedingungen im Zirkus nicht leiden. Zudem konnte Birmelin nachweisen, dass die Löwen des Circus Krone keine Verhaltensstörungen zeigen.
Von all dem findet sich im Antrag des Landes Hessens kein einziges Wort. Das Aktionsbündnis "Tiere gehören zum Circus" fordert deshalb die Entscheidungsträger im Berliner Landwirtschaftsministerium dazu auf, die Bundesratsinitiative wegen unzureichender Begründung und schwerer handwerklicher Mängel zurückzuweisen.