Schwerin – Die Landesregierung will mit dem Gesetz zur Einführung eines Leitbildes "Gemeinde der Zukunft" (Gemeinde-Leitbildgesetz) zukunftsfähige Gemeindestrukturen auf der Basis freiwilliger Entscheidungen der Kommunen anregen und unterstützen. Es gibt aber weder einen Fusionszwang, noch werden rechtliche Vorgaben gemacht, wie Gemeinden sich zusammenschließen.
Der strukturelle und demografische Wandel stellt insbesondere ländlich geprägte Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern vor besondere Herausforderungen: Einnahmen gehen als Folge der stellenweise drastisch sinkenden Einwohnerzahlen zurück, ohne dass automatisch auch die Aufgaben und damit Ausgaben geringer würden. Zugleich wird es immer schwieriger, öffentliche Einrichtungen bei sinkender Auslastung noch zu vertretbaren Kosten zu betreiben. Die Gemeinden müssen diese Veränderungsprozesse so gestalten, dass die kommunale Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge gewahrt bleiben.
Viele dieser Probleme können in größeren Strukturen besser und effizienter bewältigt werden als in kleinen Gemeinden. Zudem kann sowohl in der Verwaltung als auch bei der Wahrnehmung von Aufgaben Geld eingespart werden, wenn sich Gemeinden zusammenschließen. Dies belegen zahlreiche positive Beispiele freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse, die es in unserem Land schon gegeben hat.
Im Vergleich zu den übrigen neuen Bundesländern hat Mecklenburg-Vorpommern nach der Kreisstrukturreform 2011 zwar die flächenmäßig größten Landkreise, aber die kleinteiligste Struktur auf gemeindlicher Ebene, zumal seit 1990 die Reduzierung der Gemeindezahlen in den übrigen ostdeutschen Bundesländern besser gelang. Die Zahl der Gemeinden in M-V verringerte sich von rund 1.120 im Jahr 1990 auf 753 mit Stichtag 01.01.2016.
Mit dem Gemeinde-Leitbildgesetz (GLeitbildG) sollen freiwillige Gemeindefusionen, die in MV bereits seit 1994 möglich sind, neuen Schwung erhalten. Hierfür enthält das Gemeinde-Leitbildgesetz drei Hebel:
1. Eigenverantwortliche Selbsteinschätzung der Zukunftsfähigkeit
Jede Gemeinde soll anhand eines vorgegebenen Prüfrasters selbst überprüfen, ob sie noch zukunftsfähig ist. Dabei wird nicht nur die Finanzlage in den Blick genommen, sondern auch Umfang und Qualität der Aufgabenerfüllung, die Vitalität der örtlichen Gemeinschaft und der Zustand der örtlichen Demokratie.
2. Finanzielle Anreize
Mit den vorgesehenen Zuweisungen sollen Fusionen, die zu zukunftsfähigen Strukturen führen, mit einer finanziellen Anschubhilfe versehen werden.
Es gibt folgende Arten von Zuweisungen:
a) Fusionszuweisung
Für jede durch Fusion zu einer zukunftsfähigen Gemeinde wegfallende Gemeinde wird eine Zuweisung von 200.000 Euro gezahlt. Die Fusionszuweisung erhöht sich auf 300.000 Euro pro wegfallende Gemeinde, wenn an der Fusion ein in einem Ländlichen Gestaltungsraum (die Festlegung dieser Räume erfolgt im Landesraumentwicklungsprogramm) gelegener zentraler Ort beteiligt ist, in dessen Nahbereich die wegfallenden Gemeinden liegen.
b) Konsolidierungszuweisung
Wenn mindestens eine der an dem Zusammenschluss beteiligten Gemeinden einen negativen Saldo der laufenden Ein- und Auszahlungen der Finanzrechnung zum 31. Dezember 2015 ausweist, kann zusätzlich eine Konsolidierungszuweisung von bis zu 400.000 Euro pro an der Fusion beteiligter defizitärer Gemeinde gewährt werden. Der Gesamtbetrag der Konsolidierungszuweisung wird allerdings auf die Summe der negativen Salden der an der Fusion beteiligten defizitären Gemeinden begrenzt und ist zudem davon abhängig, dass sich die fusionierenden Gemeinden verpflichten, binnen fünf Jahren nach der Fusion den Haushalt der fusionierten Gemeinde jahresbezogen auszugleichen.
c) Verwaltungsfusionszuweisung
Bei freiwilligen Verwaltungsfusionen von amtsfreien Gemeinden und/oder Ämtern wird eine Verwaltungsfusionszuweisung in Höhe von grundsätzlich 400.000 Euro gewährt. Diese wird nicht nur im Zuge der Auflösung von Ämtern gewährt, sondern auch dann, wenn z.B. durch Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft eine Verwaltung eingespart wird.
3. Koordinatoren
Nach § 6 Gemeinde-Leitbildgesetz werden bei den unteren Rechtsaufsichtsbehörden für Fragen, die freiwillige Gemeindezusammenschlüsse oder das Zusammenführen von Verwaltungen betreffen, Koordinierungsstellen eingerichtet. Die dort tätigen Personen sind im Gebiet des jeweiligen Landkreises Ansprechpartner für diese Fragen und beraten die Gemeinden und Ämter. Sie unterstützen die Gemeinden bei der Selbsteinschätzung ihrer Zukunftsfähigkeit und die an Fusionsverhandlungen beteiligten Gemeinden bei der Beurteilung der strukturellen Zukunftsfähigkeit der beabsichtigten neuen Gemeindestruktur.
Mit jeweils in den sechs Landkreisen tätigen Koordinatoren sorgt das Land dafür, dass die ehrenamtlichen Entscheidungsträger in den Gemeinden sowohl bei ihrer Selbsteinschätzung als auch bei den sich ggf. anschließenden Fusionsgesprächen fachkundig unterstützt werden.
Der Staatssekretär im Ministerium für Inneres und Europa Thomas Lenz hat heute mit den Koordinatoren und in Anwesenheit beider kommunaler Landesverbände die Koordinatoren-Beraterverträge unterzeichnet. Damit wird der "Startschuss" für die Umsetzung des Gemeinde-Leitbildgesetzes gegeben.
Die jetzt tätig werdenden Koordinatoren sind namentlich vom Städte- und Gemeindetag vorgeschlagen worden.
Es sind dies Frau Sybille Kempf für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, Herr Jürgen Ditz für den Landkreis Nordwestmecklenburg, Herr Bernd Rolly für den Landkreis Ludwigslust-Parchim, Herr Dr. Uwe Heinze für den Landkreis Rostock, Herr Ulf Dembski für den Landkreis Vorpommern-Rügen sowie Herr Jürgen Schönwandt für den Landkreis Vorpommern-Greifswald.