Berlin – Wie kann der Entstehung von Übergewicht bei Kindern dauerhaft vorgebeugt werden? Diese Frage steht im Zentrum einer Konferenz, bei der seit Montag in Karlsruhe Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts mit rund 230 Akteuren, Multiplikatoren und Entscheidungsträgern über Ernährungsfragen beraten. Dabei werden Ergebnisse der Evaluation des vom Bundesernährungsministerium geförderten Modellprojektes „Besser essen. Mehr bewegen – Kinderleicht-Regionen“ vorgestellt. Die Frage der Vorbeugung von Übergewicht bei Kindern ist eine der großen Herausforderungen der Ernährungs- und Gesundheitspolitik. Da Übergewicht nicht die eine Ursache hat, sind vielfältige Lösungsansätze auf allen gesellschaftlichen Ebenen notwendig. „Doch ein Mehr an Maßnahmen bedeutet nicht immer mehr Wirkung“, fasst Bundesernährungsministerin Ilse Aigner zum Auftakt der Veranstaltung das Ergebnis der Evaluation zusammen. „Ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Maßnahmen kann sich sogar als Hemmnis herausstellen. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse liefern uns wichtige Hinweise für die weitere Umsetzung unseres nationalen Aktionsplans „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.“
In dem Modellprojekt wurden 24 regionale Initiativen zwischen 2006 und 2011 mit dem Ziel gefördert, vielfältige Ansätze der Prävention von Übergewicht bei Kindern von der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters in der Praxis zu erproben. Das Max Rubner-Institut evaluierte eine Auswahl der über 700 durchgeführten Ernährungs- und Bewegungsmaßnahmen sowie Verstetigungsaktivitäten der Modellprojekte. „Es ist besonders wichtig, dass solche großen Projekte wissenschaftlich begleitet werden“, betont Prof. Gerhard Rechkemmer, Präsident des Max Rubner-Instituts. „Nur so kann am Ende Sicherheit darüber bestehen, ob das gewünschte Ziel mit den gewählten Maßnahmen überhaupt erreicht wird.“
Aus den Ergebnissen der Evaluation wurde ein Leitfaden für Entscheider und Projektplanende erarbeitet, der praxisbezogen fördernde und hemmende Faktoren für die Projektarbeit aufzeigt und damit zur Qualitätssicherung solcher Projekte beiträgt. Er zeigt auch Erfolg versprechende Wege auf, um einkommensschwache und bildungsferne Familien zu erreichen. Eine zentrale Erkenntnis der Evaluation von „Kinderleicht-Regionen“ ist, dass es darauf ankommt, Angebote für gesunde Ernährung und mehr Bewegung in den unterschiedlichen Lebenswelten der Kinder miteinander zu verzahnen. So müssten gute Erfahrungen, die Kinder zum Beispiel in der Schule mit gesundem Essen machten, zu Hause ebenso fortgeführt werden wie am Nachmittag im Verein.
Das Projekt „Besser essen. Mehr bewegen. Kinderleicht-Regionen“ ist vom Bundesernährungsministerium mit insgesamt 14 Millionen Euro gefördert worden. Anlass war der seit den 90-er Jahren zu beobachtende stetige Anstieg von Übergewicht und Fettleibigkeit, auch bei Kindern. Dass die Zahl der übergewichtigen Kinder bei der Schuleingangsuntersuchung im Jahr 2008 erstmals leicht zurückging, werten Experten als ein erstes positives Signal, nicht zuletzt auch für die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen. Von einer tatsächlichen Trendumkehr zu sprechen, wäre allerdings verfrüht. Insofern begrüßt es das Bundesernährungsministerium, dass einige der Angebote, die im Rahmen von „Kinderleicht-Regionen“ entstanden sind, auch heute noch weiter bestehen.
Bundesernährungsministerin Ilse Aigner: „Wir kommen damit zwei Zielen von IN FORM ein gutes Stück näher: Wir stellen Entscheidern und Projektplanenden einen Leitfaden und eine Vielzahl anderer Materialien zur Verfügung. Die Evaluations-Ergebnisse tragen darüber hinaus dazu bei, in Zukunft die Qualität von Präventionsprojekten weiter zu verbessern.“