Schwerin – Jürgen Brähmer (40-2, 31 K.o.´s) will wieder nach den Sternen greifen! Im Februar dieses Jahres stieg der frühere Halbschwergewichts-Weltmeister erstmals für das Sauerland-Team in den Ring und entthronte in Berlin den damaligen Europameister Eduard Gutknecht. In Hamburg folgte Ende April ein technischer K.o.-Erfolg in Runde zwei gegen Tony Averlant aus Frankreich. Am 24. August steht in Schwerin (ab 22.35 Uhr live in der ARD) die nächste EM-Titelverteidigung gegen den Italiener Stefano Abatangelo (17-2-1, 6 K.o.´s) auf dem Programm. Brähmer, inzwischen WM-Pflichtherausforderer des Weltverbandes WBO, will anschließend wieder nach dem WM-Titel greifen. Entsprechend motiviert geht er in den Fight vor heimischer Kulisse…
Herr Brähmer, zuletzt boxten Sie im April 2012 in Schwerin. Was hat sich seit damals verändert?
Jürgen Brähmer: Vor etwa einem Jahr unterschrieb ich meinen Vertrag bei Sauerland Event. Seither herrscht für mich gewissermaßen Planungssicherheit. Das ist es, was ich brauchte. Das tut mir gut. Ich bereite mich in einer sehr guten Trainingsgruppe auf meine Kämpfe vor und ärgere mich ein bisschen darüber, dass ich den Wechsel zu Sauerland nicht schon zwei Jahre früher vollzogen habe.
Zuvor wurden Sie von Michael Timm trainiert. Seitdem Sie bei Sauerland sind, kümmert sich Karsten Röwer um Ihre Vorbereitung. Welche Umstellungen brachte das mit sich? Jürgen Brähmer: Karsten Röwer war ja auch schon bei den Junioren mein Trainer. Natürlich trainiert er anders als Michael Timm. Beide machen ihren Job auf ihre Art gut, doch jeder hat seine eigene Trainingsphilosophie. Es ist auch nicht schlecht, wenn man mal etwas anderes annimmt. Ich denke beide Trainer sind sehr gut. Doch jetzt ist es Karsten Röwer, der das Sagen hat.
Im Duell mit Eduard Gutknecht im Februar war Ihnen die zuvor längere Pause noch deutlich anzumerken. Im letzten Kampf gegen Tony Averlant zeigten sie enorme Fortschritte. Glauben Sie an eine weitere Steigerung?
Jürgen Brähmer: Am 24. August werde ich zum dritten Mal für Sauerland in den Ring steigen. Und ich muss sagen, ich merke im Training, wie ich mich weiter verbessere. Ich weiß, dass ich noch Potenzial nach oben habe. Dies auszuschöpfen, ist mein Ziel. Wichtig ist, dass ich selbst gemerkt habe, dass ich mich steigern kann. Wir sind jetzt wieder einen Schritt weiter als vor dem letzten Kampf. Doch die Steigerung konnte man schon damals sehen. Und so gehe ich auch in den nächsten Kampf: Ich möchte eine Schippe draufpacken!
Vor heimischer Kulisse zu boxen, bedeutet aber auch Druck. Wie gehen Sie damit um? Jürgen Brähmer: Natürlich will ich in Schwerin glänzen, das ist keine Frage. Aber das will man doch bei jedem Kampf. Dementsprechend ist der Unterschied nicht so groß. Aber man merkt, dass das Telefon nicht still steht. Viele Leute wollen wissen, wo es Eintrittskarten für die Veranstaltung gibt.
Sie sind bereits Pflichtherausforderer des Weltverbandes WBO. Gewinnen Sie gegen Abatangelo, steht danach ein WM-Kampf an. Am 17. August steigt der amtierende WBO-Titelträger Nathan Cleverly (Wales) gegen den Russen Sergey Kovalev in den Ring. Wer ist für Sie der Favorit?
Jürgen Brähmer: Das ist schwer zu sagen. Die Stärken von Cleverly sind eigentlich hinlänglich bekannt. Doch auch Kovalev ist sehr stark. Sein russischer Boxstil ist ziemlich perfekt. Deshalb gibt es für mich in dem Kampf keinen Favoriten.
Was können Sie von Ihrem Auftritt in Schwerin gegen Stefano Abatangelo für einen späteren WM-Kampf mitnehmen?
Jürgen Brähmer: Das ist genau, wie schon zuletzt gegen Tony Averlant. Zwar habe ich im April in Hamburg klar gegen Averlant gewonnen, doch jeder wusste, dass er ein ganz unbequemer Gegner ist. Er ist und war jemand, der schon vielen anderen guten Kämpfern das Leben schwer gemacht hat – ein Boxer, gegen den man sich durchbeißen muss. Und wenn man da glänzt, hat man ein gutes Gefühl für die kommenden Kämpfe. Abatangelo ist vom Stil her zwar komplett anders, doch mit seiner Art und Weise zu boxen gilt er ebenfalls als unbequem. Er ist klein und geht regelrecht in den Gegner hinein, macht Druck. Gegen so einen Mann wollen viele nicht freiwillig antreten. Doch diese Art von Herausforderern ist gut, um zu wissen, wo man steht. Das sind Gegner, die wollen den EM-Titel holen. Doch ich muss gewinnen, damit ich danach um den WM-Titel boxen kann.
Sind solche Kämpfe auch eine Geduldsprobe für Sie?
Jürgen Brähmer: Ja, das stimmt. Doch das ist genau das, was ich will. Ich war schon WBO-Weltmeister und habe meinen Titel sozusagen am grünen Tisch verloren. Auf dem Weg zur erneuten WM-Chance haben wir uns keine leichten Gegner gesucht, denn sonst würde ich mich vielleicht überschätzen. Kontrahenten wie Abatangelo sind ideal, um für die erneute WM-Chance gewappnet zu sein. Vielleicht wird der Kampf gegen ihn viel schwerer, als einige denken. Doch für mich ist das eine Möglichkeit, daraus zu lernen. Ich kann zum Beispiel zeigen, dass ich mich von seinem Stil nicht aus dem Konzept bringen lasse – egal wie lange der Kampf dauert.