Rostock – Der F.C. Hansa Rostock möchte im Folgenden über den fortlaufenden Prozess der Aufarbeitung der Vorkommnisse rund um die Partien gegen den FC St. Pauli, den FC Schalke 04 und beim SC Paderborn und erste draus resultierende Ergebnisse informieren. Dieses Positions-Schreiben beinhaltet erste Sofort-Maßnahmen, die bereits in der Umsetzung sind sowie geplante Maßnahmen.
Heimspiel gegen den FC St. Pauli am 26. November
Während diese stets mit viel Brisanz versehene Partie sowohl auf den Rängen als auch im unmittelbaren Umfeld ohne Vorkommnisse verlief, gab es außerhalb des Ostseestadion dennoch einen nicht zu tolerierenden Vorfall. Aus einer Gruppe von mehreren Personen heraus, die als Fans des F.C. Hansa identifiziert wurden, gab es Steinwürfe auf Einsatzfahrzeuge der Polizei. Bei diesen Steinwürfen wurde auch das Fahrzeug einer Familie getroffen, in dem sich mehrere Personen befanden – darunter zwei Kinder. Durch die Steinwürfe wurde eine Auto-Scheibe zerstört und die Kinder durch Scherben verletzt.
Der F.C. Hansa hat unmittelbar nach Kenntnis dieses Vorfalls Kontakt zur betroffenen Familie aufgenommen und umgehend signalisiert, den finanziellen Schaden am Auto zu begleichen – was bereits erfolgt ist. Darüber hinaus wurde eine weitere Wiedergutmachung vereinbart, die allerdings in Absprache mit der betroffenen Familie, nicht öffentlich gemacht wird.
„Plattenbau“ Choreografie:
Für eine kontroverse Diskussion hatte zudem die Choreografie der Fangruppe „Plattenbau Rostock“ gesorgt, die unter anderem das über Rostocks Stadtgrenzen bekannte „Sonnenblumenhaus“ beinhaltete. Insbesondere die dabei eingesetzte Pyrotechnik -die durch den Verein nicht genehmigt war- sorgte für Interpretationen, dass mit der Choreo die menschenverachtenden, ausländerfeindlichen Ereignisse von 1992 verherrlicht werden sollten. Der F.C. Hansa Rostock möchte nochmals ausdrücklich betonen, dass jegliche Form von Rassismus, Diskriminierung, Fremdenhass, Antisemitismus und Gewalt keinen Platz im Verein haben und ganz klar und grundlegend abgelehnt werden. Eine entsprechende Stellungnahme wurde bereits nach dem Spiel veröffentlicht.
Darüber hinaus hatte der F.C. Hansa im Nachgang ein Fan-Forum organisiert, um zu dieser Thematik in den direkten Austausch zu gehen. Dieses Forum fand nach dem Heimspiel gegen den FC Schalke 04 im „Hanseaten-Treff“ statt und ermöglichte Fans und Mitgliedern, die sich mit einer kritischen Haltung zur Choreo beim Verein meldeten, ihre Meinung und Einschätzung darzulegen.
Unter den rund 30 Anwesenden waren zudem Vertreter des Aufsichtsrates, der Vorstandsvorsitzende, die Mitgliederbetreuung, die Abteilung für Fanbelange und Vertreter des Mitgliederbeirats. Als Gäste waren Dr. Wolfgang Richter, ehemaliger Ausländerbeauftragter der Hansestadt Rostock und Zeitzeuge der schrecklichen Ereignisse von 1992, und der aktuelle Rostocker Sozialsenator Steffen Bockhahn (parteilos) geladen. Zudem bekamen Mitglieder der Fangruppe „Plattenbau Rostock“ die Möglichkeit, sich auch selbst zu den Hintergründen ihrer Choreo zu äußern. In den etwas mehr als zwei Stunden wurde ganz offen über die verschiedenen Ansichten und Standpunkte zu der Choreo gesprochen.
Eines der Ergebnisse ist, dass der F.C. Hansa Rostock das Format „Fan-Forum“ fest etablieren wird, um insbesondere bei streitbaren Themen Verein, Fans und Mitglieder in den direkten Austausch zu bringen.
Heimspiel gegen den FC Schalke 04 am 10. Dezember
Während des Heimspiels gegen den FC Schalke 04 wirkten Fans der Gäste über einen sehr langen Zeitraum mit verschiedenen Gegenständen auf die Sicherheitsverglasung des Gästeblocks ein. Darunter waren unter anderem auch Nothämmer, die aus den Shuttle-Bussen entwendet wurden, in denen der F.C. Hansa Rostock die Gästefans zum Ostseestadion befördert. Infolgedessen wurden vier Scheiben beschädigt und eine weitere so systematisch zerstört, dass sie aus der Verankerung gelöst wurde. Durch die entstandene Öffnung drangen ca. 30 Gästefans in die angrenzende Pufferzone zur Süd-Tribüne ein und es wurde durch diese Personen ein Sicherheitsnetz zerstört. Außerdem wurden zwei Raketen in den angrenzenden Heim-Bereich geschossen, die an der Abtrennung zur Südtribüne explodierten.
Daraufhin gelang es auch vier Hansa-Fans, den Zaun zu übersteigen und ebenfalls in den Pufferbereich einzudringen. Im weiteren Verlauf wurde auf beiden Seiten Pyrotechnik gezündet. Dank der fest installierten Sicherheitsplane und nicht zuletzt dem Eingreifen des Ordnungsdienstes konnte eine direkte Konfrontation verhindert werden. Den hinzugezogenen Polizeibeamten gelang es, teilweise unter Einsatz von Pfefferspray, die Gästefans in den Gästeblock zurückzudrängen.
Nach der Beruhigung der Situation und dem Verbleib von etlichen Polizeibeamten im Pufferblock wurde nach einem Austausch zwischen der Hansa-Geschäftsführung, dem Veranstaltungsleiter und dem Polizeiführer beschlossen, dass dem Schiedsrichter das Signal zur Wiederaufnahme des Spiels gegeben werden kann. Die Partie konnte ohne weitere Zwischenfälle fortgesetzt und regulär beendet werden.
Nach derzeitigen Erkenntnissen entstand ein Sachschaden von etwa 20.000 EUR, die für die Erneuerung der Glasscheiben sowie für die notwendigen Reparaturen am Fangnetz und der Sektorenabtrennung eingesetzt werden müssen. Der F.C. Hansa Rostock hat Kontakt zum F.C. Schalke 04 aufgenommen, um gemeinsam die Schadensregulierung zu besprechen.
Aus den bisherigen Erkenntnissen konnten bereits erste Maßnahmen eingeleitet werden. Gegen die Personen, die von der Süd-Tribüne in den Pufferbereich eingedrungen sind, wurde wegen entsprechenden Anfangsverdachts des Landfriedensbruchs ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Der F.C. Hansa Rostock hat die Polizei schriftlich um die Daten zu den ersten bereits ermittelten Personen gebeten. Gegen die Personen wird der F.C. Hansa Rostock ein Stadionverbotsverfahren einleiten und mögliche Strafen durch den DFB auf die ermittelten Täter umlegen.
Darüber hinaus wird es in der Winterpause erhebliche bauliche Maßnahmen im Ostseestadion geben. Diese umfassen derzeit insgesamt 11 Veränderungen:
- Die äußere Umfriedung erhält weitere Sicht- und Schutzwände. Diese sollen vor möglichem Bewurf und Beschuss durch Pyrotechnik schützen sowie das Übersteigen in andere Tribünenbereiche verhindern.
- Auf dem Parkplatz hinter der Süd-Tribüne wird im Bereich zum Gästeblock eine weitere Zauntrennung installiert und damit die bisher mit sogenannten „Hamburger Gittern“ mobile Zaunlösung ersetzt. Die festinstallierte Anlage wird eine deutlich erhöhte Widerstandsfähigkeit bei möglichen Problemlagen bringen.
- Zwischen der Süd-Tribüne und dem Gästebereich wird es eine weitere, festverankerte – an markanten Stellen bis zu 4 Meter hohe – Zauntrennung geben. Dieser Zaun wird zudem mit „Lochblech“ verkleidet, um ein Übersteigen zu verhindern und die Sichtbeziehungen unter den Fanlagern einzugrenzen.
- Es wird ein weiteres und somit dann drittes Fangnetz zwischen der Süd-Tribüne und dem Gästebereich installiert. Damit soll das Überklettern des ersten Trennzaunes im Block 22/22A erheblich erschwert und zudem ein effektiverer Schutz bei gegenseitigem Pyrobeschuss geschaffen werden.
- In diesem Zusammenhang werden im Bereich des Hauptfangnetzes weitere Blechvorrichtungen zur Dachkonstruktion hin angebracht. Diese sollen ein „Überschießen“ der Fangnetze verhindern.
- Der bisherige Trenn-Überschritt zwischen Süd-Tribüne und Gästebereich wird um ca. 50 cm erhöht, um Übertretungen zu verunmöglichen. Außerdem wird die bisherige bauliche Anlage in Richtung Innenraum erweitert.
- In den Pufferbereichen werden für den Ordnungsdienst und die Einsatzkräfte der Polizei Verbesserungen im Bereich der Trittstufen vorgenommen. Diese sollen verbreitert werden, um die Beweglichkeit der Einsatzkräfte in diesem Bereich zu erhöhen.
- Es werden Vorkehrungen und Fixpunkte verankert, durch die Polizei- und Ordnungsdienstkräfte zukünftig über den Stadioninnenraum in den Pufferbereich gelangen können. Damit ist ein deutlich schnellerer Zugriff möglich und eine Verringerung der Einsatzkräfteforderung bei der Zuführung.
- Die Sektorenbereiche im Bereich der Promenade, die bisher die Süd-Tribüne und den Gästebereich trennen, werden präventiv durch ein zweites massives Rolltor verstärkt. Noch ist es in diesem Bereich zwar zu keinen erweiterten Durchbruchsversuchen gekommen, mit dieser Maßnahme soll aber möglichen Handlungsversuchen bereits vorgebeugt werden. Das vorhandene Rolltor wird zusätzlich massiv durch weitere Stahlträger verstärkt.
- Im Wirtschaftsbereich unterhalb der Süd-Tribüne, in dem Fahrzeuge und Material gelagert werden, wird geprüft, ob und wie die vorhandenen Zaunanlagen verstärkt werden können.
- Zusätzlich wird die Sicherheitsinfrastruktur zwischen der Ost-Tribüne und dem Gästeblock angepasst. Hier werden diverse Schutzbleche und Sichtschutzvorrichtungen angebracht, um Zuschauer auf beiden Seiten zu schützen.
Auswärtsspiel beim SC Paderborn am 15. Dezember
Zu den Vorkommnissen beim Auswärtsspiel in Paderborn hat sich der F.C. Hansa Rostock bereits in einer ersten Stellungnahme positioniert und das massive Fehlverhalten aufs Schärfste verurteilt.
Die blinde und völlig sinnlose Zerstörungswut, die Gewalt gegenüber Menschen und der unkontrollierte Einsatz von pyrotechnischen Erzeugnissen sind durch nichts zu entschuldigen. Die Aufarbeitung der Geschehnisse hat noch am Spieltag begonnen, ist aber noch nicht abgeschlossen. Der F.C. Hansa Rostock steht im intensiven Austausch mit dem SC Paderborn.
Der F.C. Hansa Rostock hat bereits erste Maßnahmen und Sanktionen in die Wege geleitet.
- Es wird eine deutliche Einschränkung bei der Vergabe von Karten für Auswärtsspiele geben. Für die anstehenden Auswärtspartien im Februar 2024 bei Hannover 96 und beim VfL Osnabrück werden ausschließlich Vereinsmitglieder des F.C. Hansa Rostock Karten erhalten. Möglich ist dabei nur der Einzelkauf – d.h. eine Person wird nicht mehrere Tickets kaufen können. Sollten die für diese beiden Spiele zur Verfügung gestellten Kontingente nicht verbraucht sein, erfolgt ein Einzelverkauf nur an registrierten Nutzer, deren komplette Daten vorliegen.
In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass der Verkaufsprozess zum Auswärtsspiel beim 1. FC Nürnberg (20. Januar 2024) bereits vor mehreren Tagen gestartet wurde und daher die Maßnahme nach dem ersten Auswärtsspiel der Rückrunde greift.
Nach den beiden Auswärtsspielen wird der F.C. Hansa Rostock darüber entscheiden, ob die eingeführte Maßnahme bis zum Saisonende auf Bewährung ausgesetzt werden kann. Ausgenommen von der Bewährung ist das Auswärtsspiel beim F.C. St. Pauli – für diese Partie werden die strengeren Verkaufsregeln gelten. - Für die Heimspiele im Ostseestadion erfolgt bis Ende März ein komplettes Choreografie-Verbot. Der F.C. Hansa behält sich vor, diese Frist bei weiteren Vorfällen zu verlängern.
- Der F.C. Hansa hat mit Schreiben vom 18.12. bei der Polizei die bisherigen Personen-Identifizierungen abgefragt, um auf dieser Grundlage Stadionverbotsverfahren einzuleiten und umzusetzen.
- Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden durch die Behörden mehrere Ermittlungsverfahren wegen schwerem Landfriedensbruch und Körperverletzung eingeleitet. Bei erfolgreichen Identifizierungen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen und Körperverletzungen kündigt der F.C. Hansa folgendes Vorgehen an:
- ein Stadionverbot von mindestens 3 Jahren – dies entspricht der Maximalstrafe bei Ersttätern
- Umlage des finanziell entstandenen Schadens bei einer zu erwartenden DFB-Strafe
- sofortiger Vereinsausschluss bzw. bei Nicht-Mitgliedschaft wird das Anrecht auf eine Vereinsmitgliedschaft beim F.C. Hansa Rostock verwehrt
- Der F.C. Hansa steht seit dem Spieltag mit dem SC Paderborn in einem ständigen und intensiven Kontakt, um die Regulierung des finanziellen Schadens durch die Ausschreitungen zu klären. Der Sachschaden wird aktuell mit bis zu 50.000 EUR beziffert.
Der F.C. Hansa Rostock distanziert sich in aller Schärfe von Gewalttätern und wird alles Mögliche unternehmen, solche Personen nachhaltig aus dem Stadion und aus dem Verein auszuschließen. Personen, die ihre kriminellen Handlungen über das Wohl des Vereins stellen, werden beim F.C. Hansa Rostock nicht geduldet und auch nicht geschützt.
Der Verein wird nicht zulassen, dass Personen unter dem Deckmantel des Vereins ihr Handeln über etwas viel Größeres stellen – nämlich über den F.C. Hansa Rostock!
Der F.C. Hansa Rostock wird nicht zulassen, dass Personen mit ihren inakzeptablen, unentschuldbaren und nicht nachvollziehbaren Handlungen alles einreißen, was Mitglieder, Fans, Partner, Mitarbeiter, Mannschaft und Vereinsgremien in den vergangenen Jahren mühevoll und mit viel Kraftanstrengung aufgebaut haben. Für diese Personen wird im Ostseestadion und vor allem im Verein kein Platz sein!
Jegliche Toleranzgrenzen sind unverzeihlich überschritten worden und für all jene, die dem Verein so erheblichen Schaden zugefügt haben, ist jegliches Recht, sich mit dem Namen F.C. Hansa Rostock zu schmücken, verwirkt.