Bielefeld – Nach wie vor haben junge Frauen ein engeres Berufswahlverhalten als junge Männer. Gerade in technisch-gewerblichen Ausbildungsberufen sind junge Frauen noch immer eine Minderheit. Eine Sonderauswertung des DGB Ausbildungsreports 2014 für das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, welche Erfahrungen die jungen Frauen machen, die sich für eine solche Ausbildung entschieden haben. Ein Ergebnis der Auswertung: „Junge Frauen sind als Auszubildende in männlich dominierten Berufen genau so zufrieden mit ihrer Ausbildung wie die jungen Männer“, sagt Florian Haggenmiller, Bundesjugendsekretär des DGB. Laut DGB-Daten bewerten 79% der weiblichen Azubis ihre Ausbildungssituation mit sehr gut und gut, bei den jungen Männern sind dies 74%.
„Wir haben die Daten speziell unter dem Gesichtspunkt möglicher Diskriminierungserfahrungen von jungen Frauen in gewerblich-technischen Berufen analysiert und waren überrascht, wie positiv die Ausbildungsbilanz der jungen Frauen ausfällt“, sagt Lore Funk von der Bundeskoordinierungsstelle des Girls’Day – Mädchen-Zukunftstages beim Kompetenzzentrum.
Junge Frauen sind heute besser gebildet und ausgebildet denn je. Sie erzielen in ihrer Schullaufbahn bessere Abschlüsse als die Jungen. Dennoch haben sie bei ihrer Berufswahl noch immer ein deutlich engeres Berufswahlverhalten als junge Männer. Obwohl es knapp 330 duale Ausbildungsberufe gibt, konzentriert sich mehr als die Hälfte der Mädchen bei der Wahl ihrer Ausbildung auf ein Spektrum von nur zehn Berufen. Um das Blickfeld von jungen Frauen und Männern auch jenseits eines stereotypen Berufswahlverhaltens zu öffnen, ist eine umfassende und ganzheitliche Berufs- und Arbeitsweltorientierung, die frei von Rollenzuschreibungen ist, zentral. Um dies überall in ausreichendem Umfang zu gewährleisten, braucht es den Ausbau der Berufsorientierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Wichtig ist, dass sich junge Frauen und Männer mit ihren eigenen Interessen und Begabungen auseinandersetzen, um dann eine gute Entscheidung für die eigene berufliche Zukunft treffen zu können“, so Haggenmiller.
Weit verbreitet scheint die Vorstellung zu sein, dass Mädchen in gewerblich-technischen Branchen ein Akzeptanzproblem haben oder gar schlecht behandelt werden. So glaubt mehr als die Hälfte (51%) der im Rahmen des Girls‘Day 2013 befragten Lehrerinnen und Lehrer (über 650 Lehrkräfte), dass die Gefahr einer möglichen Diskriminierung die Orientierung von Mädchen hin zu handwerklich-technischen Berufen negativ beeinflusst. Die Ergebnisse des Ausbildungsreports unterstützen diese Einschätzung nicht, sie weisen positive Ausbildungserfahrungen von jungen Frauen in männlich dominierten Ausbildungsberufen auf: Mit 84% fühlt sich der weitaus größte Teil der weiblichen Auszubildenden immer oder häufig von ihren Ausbilderinnen und Ausbildern korrekt behandelt. Damit ist auch hier die Bewertung nicht schlechter als bei den jungen Männern, von denen 80% diese Aussage treffen. „Das gängige Vorurteil, dass Frauen, die sogenannte Männerberufe ergreifen, pauschal mit Diskriminierungserfahrungen rechnen müssen, stimmt so nicht“, sagt Lore Funk. „Viele Unternehmen haben inzwischen das Potenzial von jungen Frauen in gewerblich-technischen Berufen erkannt und werben um diesen qualifizierten Nachwuchs.“
Die Ergebnisse des Ausbildungsreports laden ein, Klischeevorstellungen von Berufen zu hinterfragen, sich umfassend mit den eigenen Interessen und Begabungen auseinanderzusetzen, den Blick bei der Wahl nach der beruflichen Entwicklung weiter zu fassen und sich breit über die eigenen Möglichkeiten und zur Auswahl stehenden Berufe zu informieren. Der Girls‘Day am 23. April bietet dafür wieder vielfältige Angebote an.