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Hoher Privatkostenanteil beim Zahnersatz

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Berlin – Wer neuen Zahnersatz braucht, muss tief ins Portemonnaie greifen. Das zeigt eine Aufschlüsselung im heute vorgelegten BARMER GEK Zahnreport 2013. Im Jahr 2009 lagen die Durchschnittskosten für neuen Zahnersatz demnach bei 1.382 Euro je Betroffenem. Davon mussten Patienten 56 Prozent, nämlich durchschnittlich 776 Euro, privat aufwenden.

Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BARMERGEK, sieht Handlungsbedarf. Zwar seien die Eigenanteile seither nicht so dramatisch gestiegen wie von vielen befürchtet. "Aber der schleichende Trend zu höheren Privatkosten ist unverkennbar. Nirgendwo sonst im Gesundheitswesen ist die Aufspaltung in eine solidarisch finanzierte Sockelversorgung und privat getragene Premiumbehandlung weiter fortgeschritten." Über den Einsatz teurer Versorgungsalternativen werde der Privatkostenanteil in die Höhe getrieben und die Basis der Festzuschüsse weiter abgesenkt. "Wir müssen deshalb das Modell der Festzuschüsse reformieren, indem wir den Anstieg der über die private Gebührenordnung der Zahnärzte abgerechneten Leistungen bremsen."

Schleichende Privatisierung des Zahnersatzes

Die Wissenschaftler vom Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISEG) in Hannover weisen in der Studie den Trend zu steigenden Privatkosten beim Zahnersatz nach. So stiegen die Eigenleistungen für Zahnersatz zwischen 2005 und 2009 inflationsbereinigt um 18 Prozent. Der Privatanteil an den Gesamtkosten legte um einen Prozentpunkt von 55 auf 56 Prozent zu. Studienautor Professor Dr. Thomas Schäfer erklärt: "Für die darauffolgenden Jahre ist aus Daten der Gesundheitsausgabenrechnung des Bundes belegt, dass diese Entwicklung weitergegangen ist. Insgesamt müssen wir von einem noch höheren Niveau der Eigenleistungen ausgehen." In diesem Zusammenhang verweist der Autor auf die Dunkelziffer von Fällen, die komplett privat finanziert werden. "Die privaten Eigenleistungen werden daher in den von uns ausgewerteten Daten systematisch untererfasst."

Viel Zahnersatz in Deutschland

Der Report liefert erstmals umfassende bevölkerungsbezogene Auswertungen von Zahnersatzleistungen wie Kronen, Brücken oder Implantaten. Für die Analyse griffen die Versorgungsforscher vom ISEG auf Heil- und Kostenpläne der früheren Gmünder ErsatzKasse GEK aus den Jahren 2001 bis 2009 zurück. Dabei zeigt sich eine überraschend hohe Versorgungsrelevanz von prothetischen Leistungen. So wurde im Jahr 2009 für 11,5 Prozent der Bevölkerung mindestens ein Heil- und Kostenplan für Zahnersatz abgerechnet. Knapp die Hälfte entfiel auf Neueingliederungen, der Rest auf Wiederherstellungen und Reparaturen. Die Inanspruchnahme von Frauen lag 1,6 Prozentpunkte über derjenigen von Männern. Noch deutlicher ist die Variation im Altersverlauf: Auf dem Gipfel der Inanspruchnahme, bei den 77-Jährigen, bekommen rund 27 Prozent der Bevölkerung Zahnersatz, wobei das Gros auf Reparaturen entfällt.

Zahnersatz im Süden teurer

Auch der Vergleich zwischen den Bundesländern offenbart starke Abweichungen. Liegen die Inanspruchnahmeraten noch relativ nah bei einander (Hamburg und Schleswig-Holstein mit +2,3 bzw. +1,7 Prozent über Bundesdurchschnitt; Saarland und Sachsen-Anhalt mit – 2,7 bzw. -1,2 Prozent unter Bundesdurchschnitt), so ist die Streuung bei den Eigenanteilen teilweise extrem: Sachsen-Anhalt und Brandenburg liegen 15,0 bzw. 12,0 Prozent unter Bundesdurchschnitt, Baden-Württemberg und Bayern hingegen 8,5 bzw. 6,4 Prozent darüber. Schlenker: "Neben der privaten Finanzkraft des Südens dürfte auch ein anderes Angebotsverhalten der Zahnärzte und das Vorsorgebewusstsein des Ostens eine Rolle spielen."

Zahnarztscheu junger Männer

Im Bereich der konservierenden, chirurgischen und Prophylaxe-Leistungen verharren die Kennzahlen im Jahr 2011 auf Vorjahresniveau. Die Behandlungsrate lag bei 69,6 Prozent (2010: 70,3 Prozent), Zahnarztkontakte wurden je Person rund 2,15 (2010: 2,17) gezählt. Schlenker: "Trotz der Bonusregelungen für regelmäßige Prophylaxe verzichtet fast ein Drittel auf den jährlichen Zahnarztbesuch."

Wieder zeigen sich die aus den Vorjahren bekannten Geschlechterunterschiede. Während 2011 rund 73 Prozent der Frauen einen Zahnarzt aufsuchten, waren es bei den Männern gerade mal 66 Prozent (2010: 74 versus 66). Die Zahnarztscheu junger Männer im Alter zwischen 20 bis 24 Jahren legte noch einmal leicht zu: Nur 54 Prozent (2010: 56 Prozent) gingen zum Zahnarzt (Frauen in der Altersgruppe: 67 Prozent).

Nur jeder Zweite mit Zahnprophylaxe

Auch das Prophylaxeniveau blieb gegenüber dem Vorjahr beinah unverändert: Nur jeder zweite Erwachsene bzw. 48,1 Prozent lässt sich einmal im Jahr den Zahnstein entfernen (2010: 48,2), Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder wurden von 32,3 Prozent in Anspruch genommen (2010: 31,9). Die vergleichsweise geringe Inanspruchnahme der Frühvorsorge bei den Kleinkindern wird durch die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten relativiert. Über diese Maßnahmen können rund 29 Prozent der Vorschulkinder erreicht werden. Schäfer: "Da es eine unbekannte Zahl von Kleinkindern gibt, die sowohl im Kindergarten als auch beim Zahnarzt untersucht werden, kann man die Anteile nicht einfach addieren. Der tatsächliche Anteil untersuchter Kleinkinder dürfte etwa in der Mitte zwischen 32 und 61 Prozent liegen."

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