Berlin – Anleger des angeschlagenen Windkraftspezialisten Prokon Regenerative Energien, die ihre Genussrechte gekündigt haben, bekommen ihr Geld erst einmal nicht zurück. Prokon bringt zudem ein ganz neues Szenario ins Spiel – nämlich dass ein möglicher Insolvenzantrag abgelehnt werden müsste. Zum 30. November 2013 wies die Gesellschaft erneut hohe Verluste aus.
Prokon: „Derzeit keine Rück- und Zinszahlungen“
Anleger, die ihre Prokon-Genussrechte gekündigt haben, bekommen erst einmal kein Geld zurück. Auf der Internetseite verkündet Prokon jetzt: „Tatsächlich können wir in der jetzigen Situation aber keinerlei Rückzahlungen oder Zinsauszahlungen vornehmen.“ Prokon Regenerative Energien hatte bereits in einen Nachtrag vom 14. Januar 2014 zum aktuellen Verkaufsprospekt bekannt gegeben, dass gekündigtes Genussrechtskapital „mindestens erst mit erheblicher Verspätung“, vielleicht aber auch gar nicht an die Anleger zurückgezahlt werden könne. Wer versuche, den Rückzahlungsanspruch gerichtlich durchzusetzen, gehe ein Risiko ein, teilt Prokon mit.
Gekündigtes Kapital gilt eventuell als „gestundet“
Laut einem Gutachten werde die Rückzahlung des gekündigten Kapital in der derzeitigen Lage „in Anwendung der Insolvenzordnung“ vielleicht gar nicht fällig. Der Anspruch gelte dann vielmehr als gestundet und könne daher „mangels Fälligkeit nicht erfolgreich gerichtlich“ gegenüber Prokon Regenerative Energien durchgesetzt werden. Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestehe zudem die Gefahr, dass ein Insolvenzverwalter Zahlungen zurückfordere, die Anleger bereits erhalten hätten, ergänzt die Gesellschaft.
Prokon bringt neues Szenario ins Spiel
Prokon bringt in der aktuellen Stellungnahme auf der Internetseite daher ein ganz neues Szenario ins Spiel – nämlich dass ein möglicher Insolvenzantrag sogar abgelehnt werden müsste: „Ein von uns hinzugezogener Insolvenzberater, der bereits mehrere namhafte Unternehmen begleitet hat, kommt zu der Einschätzung, dass in unserem Fall gekündigte Genussrechte in einem Insolvenzverfahren möglicherweise nicht als fällige Forderungen zu bewerten wären. Da auch seitens anderer Gläubiger keine fälligen Forderungen bestünden, müsste ein Insolvenzantrag vom Gericht abgelehnt werden, weil damit keine Insolvenz vorliegen würde.“ Entsprechende Rechtsgutachten zur Überprüfung dieser Einschätzung seien beauftragt.
Hohe Verluste bis 30. November 2013
Der Prospektnachtrag enthält neue Zwischenbilanzen und weitere Zahlen zum 30. November 2013. Bis zu dem Stichtag sind bei Prokon Regenerative Energien demnach 60,6 Millionen Euro Verlust bei einem Umsatz von 60,5 Millionen Euro Umsatz angefallen. Allein die Zinsaufwendungen überstiegen die gesamten Erlöse. Auch im Jahr 2012 hatten die Verluste die Erlöse überstiegen. Die Zahlen zeigen, dass es im gewöhnlichen Geschäft von Prokon keineswegs gut lief. In der Zwischenbilanz zum 30. November 2013 wies die Gesellschaft 166,6 Millionen Euro Verlustvortrag aus. Die angehäuften Verluste sind damit gegenüber dem Vormonat noch einmal deutlich angestiegen.
Prokon: „Anleger können Kapital vollständig verlieren“
„Die Möglichkeit des Eintritts des maximalen Risikos hat sich konkretisiert“, heißt es etwas geschraubt in dem Prospektnachtrag. Die entsprechende Passage auf Seite 9 des Verkaufsprospekts warnt davor, dass es dazu kommen könne, dass Prokon Regenerative Energien die geplante Verzinsung und die Rückzahlung des Kapitals an die Anleger gar nicht, nicht in voller Höhe oder nicht zu den geplanten Zeitpunkten leisten kann. „In der Folge kann der Anleger sein angelegtes Kapital, nicht ausgezahlte Zinsen sowie alle ihm im Zusammenhang mit den Vermögensanlagen entstandenen Ausgaben vollständig verlieren.“ Habe der Anleger für sein Investment einen Kredit aufgenommen und könne er diesen nicht mehr bedienen, sei eine Privatinsolvenz möglich.
Streit über Wert der stillen Reserven
Eine unangenehme Überraschung droht vielleicht bei den für Anleger wichtigen stillen Reserven. Stille Reserven ergeben sich, wenn der Marktwert von Anlagen höher ist als der Wert, mit dem sie in der Bilanz ausgewiesen werden. Die stillen Reserven sind wichtig. Prokon zieht sie heran, um Zinszahlungen über das Jahresergebnis hinaus und Rückzahlungen über den Buchwert der Genussrechte hinaus zu rechtfertigen. Sowohl bei Prokon Regenerative Energien als auch bei der Muttergesellschaft, der Prokon Unternehmensgruppe, gab es dem Nachtrag zufolge aber Streit mit dem Wirtschaftsprüfer. Von „Abstimmungsschwierigkeiten“ ist in Bezug auf den Konzern die Rede: „Insbesondere die Klärung von Detailfragen, wie zum Beispiel die Bewertung der stillen Reserven, hat erheblich mehr Zeit in Anspruch genommen, als erwartet.“ Daher sei der Konzernabschluss für 2012 bislang noch nicht testiert worden. Auch der Jahresabschluss 2012 von Prokon Regenerative Energien sei noch nicht testiert worden: „Auch hier liegt die Ursache im Wesentlichen in der Abstimmung über die Bewertung der stillen Reserven.“